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Erzbischof Boris Gudziak : „Putin muss diesen Krieg verlieren“

Auf einen ukrainischen Sieg und eine tiefgreifende Bekehrung des russischen Volkes hofft der ukrainisch-katholische Erzbischof Boris Gudziak im „Tagespost“-Interview in Przemysl.
Boris Gudziak, Erzbischof der ukrainisch-katholischen Erzeparchie Philadelphia (USA)
Foto: Baier | Boris Gudziak ist Erzbischof der ukrainisch-katholischen Erzeparchie Philadelphia (USA). Zuvor war er zehn Jahre Rektor der Ukrainischen Katholischen Universität in Lemberg und Exarch seiner Kirche für Frankreich.

Selbst wenn Putin heute sterben würde, wäre das Problem für die Ukraine nicht gelöst, meint der ukrainisch-katholische Erzbischof von Philadelphia (USA), Boris Gudziak. Im Interview der „Tagespost“ am Rande der Synode seiner Kirche im ostpolnischen Przemysl erklärt er seine These: „700 Universitätsrektoren haben in Russland eine Petition für den Krieg unterschrieben. Kein einziger orthodoxer Bischof in Russland hat sich klar gegen den Krieg ausgesprochen. Von 25.000 orthodoxen Priestern und Diakonen sind nur 293 gegen diesen Krieg aufgetreten, das ist ein Prozent.“

Russland mit höchster Abtreibungsrate weltweit

Das eigentliche Problem sei, „dass die russische Kultur geprägt ist vom Bewusstsein, dass Russland ein Imperium und groß sein soll“. Gudziak wörtlich: „Es gibt diese Idee, mächtig zu sein und andere Länder oder Völker zu besitzen und zu steuern. In Polen hörte ich mehrfach: Wir danken den Ukrainern, denn sie sterben für unsere Freiheit. Die Polen kennen die Russen – und sie haben Angst.“

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Man spreche vom „heiligen Russland“, trotz der höchsten Abtreibungsrate weltweit, trotz hoher Scheidungsraten, Korruption und Gewalt. Gudziak kritisiert konservative Katholiken, die denken, dass Putin traditionelle Werte verteidige. An einen Kompromiss mit dem Kreml glaubt er nicht: „Ich habe während dieses Kriegs in der Ukraine nicht eine einzige Person getroffen, die bereit gewesen wäre, ein Stück ukrainisches Land für den Frieden zu geben. Alle sagen: Genau jetzt haben wir dieses Problem zu lösen. Wir müssen den Kolonialismus beenden.“

Erzbischof Gudziak hofft „auf eine tiefgreifende Bekehrung des russischen Volkes“. Zuerst aber müsse Putin diesen Krieg verlieren. Die sogenannte „Realpolitik“ des Westens hält er für naiv: „Putin traf eine fundamentale Lebensentscheidung, als er als ganz junger Mann in den KGB eintrat. Beim sowjetischen KGB anzuheuern, hieß seine Seele zu verkaufen: Das war ein System, das einen zwang, ständig falsch zu sein, seine Freunde zu vertraten, die Ermordung von Leuten zu arrangieren. Er ist in diesem System aufgewachsen und darin geformt worden. Er hat bewiesen, dass er kein Problem damit hat, Journalisten ermorden zu lassen, Städte wie Grozny zu bombardieren und damit Tausende Russen zu töten. Er schickt jetzt junge Russen als Kanonenfutter in den Tod. Es juckt ihn nicht.“  DT/sba

Lesen Sie das vollständige Interview mit Erzbischof Boris Gudziak in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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