Es ist ein eigenartiges Jubiläum: Vor genau 100 Jahren, bei der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung, stimmten die Abgeordneten der ersten Republik für einen Artikel, der das Verhältnis zwischen Staat und Kirche nachhaltig bestimmt. Der Artikel 138 regelt die Zahlungen der sogenannten Staatsleistungen, die die Kirchen bis heute von den Bundesländern als Entschädigung für die Enteignung kirchlichen Vermögens zu Beginn des 19. Jahrhunderts erhalten.
Auftrag an den Gesetzgeber bis heute nicht eingelöst
1919 wurde beschlossen, diese regelmäßigen Zahlungen zu beenden und stattdessen eine endgültige Ablösesumme an die Kirchen zu überweisen. Dieser Auftrag an den Gesetzgeber wurde aber bis heute nicht eingelöst. Und dies, obwohl die Forderung 50 Jahre später im Grundgesetz wieder übernommen worden ist.
Das Jubiläum wäre ein Anlass über eine Lösung nachzudenken. Manchem Politiker müsste doch beim Blick auf den Kalender aufgegangen sein, dass es seltsam ist, einem 100-jährigen Status quo nachzuhängen. Doch eine Debatte will nicht aufkommen. Die "Tagespost" hat deswegen bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt. Die Ansätze sind auch deswegen aufschlussreiche, weil sie ins Grundsätzliche abzielen: In ihnen spiegelt sich wider, wie sie sich das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in Zukunft vorstellen.
Je nach Fraktion unterschiedliche Ansätze
Und da gibt es je nach Fraktion durchaus unterschiedliche Akzente. Es gibt drei Gruppen: Die klaren Laizisten, die Verfechter des Status quo und diejenigen, die tatsächlich auch programmatisch über das Verhältnis zwischen Staat und Kirche nachdenken. Das heißt vor allem nach einer Antwort auf die Frage suchen: Wie politisch soll bzw. darf die Kirche sein.
DT
Was denken die einzelnen Bundestagsfraktionen? Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der "Tagespost" vom 11. Juli 2019, welche Fraktionen die Staatsleistungen ablösen wollen und wie sie sich das Verfahren vorstellen.