Noch vor dem Ausgang der Landtagswahl im vergangenen Jahr war klar, dass die CSU bald nicht mehr dieselbe sein würde. Entsprechend schnell zog Ministerpräsident Markus Söder einen Schlussstrich unter die folgende Analyse und konstatierte, dass Streit die Bürger abschrecke und die Partei jünger, weiblicher und ökologischer werden müsse. Vor allem: Nichts wie weg vom leidigen Dauerbrenner Migration. Ganz in diesem Sinn verlief auch die traditionelle Klausur der CSU zum Jahresauftakt. Kloster Seeon wurde zum Ort demonstrativer Harmonie und versöhnlicher Töne.
Ein wegweisendes Bild: Kramp-Karrenbauer und Dobrindt liegen sich in den Armen
Dabei war ein vielleicht sogar wegweisendes Bild, wie sich Annegret Kramp-Karrenbauer und Alexander Dobrindt herzlich in den Armen lagen. Ob die Abgrenzung der CSU als Regierungspartei mit staatspolitischer Verantwortung gegen linken und rechten Populismus gelingen kann, bleibt abzuwarten.
Richtig ist in jedem Fall, dass Grüne und AfD von schrillen, polarisierenden Debatten nachweislich am meisten profitieren. Das könnte ein Grund dafür sein, dass der Ministerpräsident Söder in Seeon lieber das Einigende in den Vordergrund stellen mochte und dabei vielleicht ganz bewusst offenließ, ob damit nur die Berliner Koalitionspartner oder auch die Opposition und somit zumindest unausgesprochen die Grünen gemeint seien.
Bei aller Harmonie nicht in Profillosigkeit verfallen
Soll sich die CSU nun nicht im Kreis drehen, muss sie darauf achten, dass sie über so viel Harmonie nicht wieder zurück in die Profillosigkeit verfällt. Es bleibt ein Dilemma: Profilierung verursacht Streit und Streit bestraft der Wähler, andererseits führt Harmonie zu Profillosigkeit, die der Wähler ebenfalls bestraft.
DT
Wie die CSU versucht, sich gleichzeitig von der AfD und den Grünen abzugrenzen, ohne dabei in Streit zu verfallen, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 10. Januar 2019.