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Coronavirus: Erst blockiert China ein WHO-Forschungsteam - und stimmt dann zu

Wie der Figaro berichtet, taucht die These, das COVID 19-Virus entstamme einem Labor in Wuhan, erneut auf. Nachdem die chinesische Regierung zunächst die Einreise der Wissenschaftler blockiert hatte, gibt sie nun auf internationalen Druck ihre Verweigerungshaltung auf.
Coronatest in Wuhan
Foto: Cheng Min (XinHua) | Xie Wen vom Zhongnan-Krankenhaus der Universität Wuhan testet im klinischen Labor des Leishenshan Krankenhauses Proben von Patienten.

Ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Wuhan sollte eine Delegation der Weltgesundheitsorganisation nach China reisen, um den Ursprung des Virus zu untersuchen. Nach langer Verzögerung hat China nun endlich eine Einreisegenehmigung für die Wissenschaftler des seit Monaten geplanten Forschungsprojektes der WHO erteilt. Die Weltgesundheitsorganisation zeigte sich erleichtert über das Einlenken der chinesischen Behörden. Die Mission der WHO gilt in politischer Hinsicht als heikel.

Denn, wie der Figaro noch während der Blockade mitteilte, sind die chinesischen Behörden der Ansicht, das Risiko sei sehr groß, was es rechtfertige, eine Mission der WHO zu blockieren und ihre zehn Ermittler daran zu hindern, sich vor Ort zu begeben, und damit Nachforschungen über den Ursprung des Virus zu verhindern. Daher hätten mehrere Angehörige des Untersuchungsteams zunächst kein Visum erhalten. „Die Suche nach dem Ursprung ist sehr kompliziert“, stellte der chinesische Außenminister bei einer Rechtfertigung der Blockade fest. „Um den guten Verlauf der Arbeiten der internationalen Expertengruppe in China zu gewährleisten, müssen die erforderlichen Verfahrenswege eingehalten werden, und es müssen besondere Anordnungen getroffen werden“.

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"Auf die Untersuchungen von Peking stützen"

Schon zuvor hatte dem Figaro zufolge das chinesische Regime sichergestellt, den Handlungsspielraum der Forschungsgruppe zu begrenzen. So wurde etwa gefordert, dass sich die Wissenschaftler „bei der Datenauswertung auf die bereits von Peking durchgeführten Untersuchungen stützen“ müssten. Ferner wurde im Unklaren gelassen, ob die Forscher der WHO sich vor Ort nach Wuhan begeben dürften. Tedros Adhanom Ghebreyesus, der 2017 mit Unterstützung Pekings an die Spitze der Weltgesundheitsorganisation gewählt worden war und dafür bekannt ist, den chinesischen Thesen zuzuneigen, habe sich „sehr enttäuscht“ gezeigt. 

Der Spezialist der französischen Denkfabrik Institut Montaigne, François Godement, äußerte in einem Tweet: „Wenn China eine – sogar kaum gefährliche – Untersuchung der WHO ablehnt, die von einem Wissenschaftler geleitet wird, der sich allen Hypothesen über einen Laborunfall widersetzt hat, sollte jetzt eindeutig geworden sein, dass dies deshalb geschieht, weil es etwas zu verbergen hat“.

Zudem habe China seit einem Jahr, „alle Anstrengungen unternommen, vergessen zu machen, dass die Pandemie von ihm ausging“. Die Behörden hätten nicht aufgehört, „die Geschichte umzuschreiben, um sich von jeder Verantwortung zu entlasten. Um davon zu überzeugen, dass China nicht die Quelle des Virus gewesen war, ist es sogar so weit gegangen, zu behaupten, dass das Virus durch Tiefkühlkost aus dem Ausland importiert worden war“. Die chinesische Regierung, die das Land zudem als Vorbild bei der Bewältigung der Gesundheitskrise darstelle, „versucht vergessen zu machen, dass China das Auftreten des Virus zu spät erkannt“ habe.

Theorie, dass Virus aus Wuhaner Institut kommt, kocht neu auf

Die „revisionistischen Bemühungen der chinesischen Regierung tragen im Westen Früchte“, schreibt das Blatt. „Jeder vergisst, dass sie indirekt für den Tod von 1,8 Millionen Menschen verantwortlich sind! Man spricht nicht mehr darüber! Wenn das der Iran oder Russland gewesen wären, hätte man das niemals durchgehen lassen!“, kommentiert die Asienspezialistin der unabhängigen französischen Denkfabrik „Fondation pour la recherche stratégique, Valérie Niquet“.


Die Visite der WHO sei „für die chinesische Regierung noch deshalb umso heikler, weil die Theorie, der zufolge das COVID-Virus einem Labor entwichen sei, nun wieder auftaucht“, so der Figaro. So habe Matthew Pottinger, der ehemalige stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der Trump-Regierung (der vergangenen Mittwoch nach dem Sturm auf das Kapitol sein Amt niederlegte), „in einer Zoomkonferenz vor amerikanischen und ausländischen Abgeordneten unter Verweis auf die letzten Berichte der Geheimdienste bestätigt, dass es eine steigende Anzahl an Beweisen gibt, die das Wuhaner Institut für Virologie als glaubhafteste Quelle des Virus nannten‘“.

Keine Änderung der Hygienemaßnahmen in China

Diese Informationen sollen von einem ehemaligen, in die USA geflüchteten Wissenschaftler des chinesischen Labors stammen, wie der bei der Konferenz anwesende frühere Anführer der britischen Konservativen Iain Duncan Smith mitteilte. Einige Mitglieder der WHO-Mission, „die Matthew Pottinger mit einer ‚Potemkinschen Übung‘ verglich“, hätten darüber hinaus „hinter vorgehaltener Hand“ nahegelegt, „dass ein Bedienungsfehler in einem Labor in Wuhan nicht ausgeschlossen ist. Die Angelegenheit wird von der chinesischen Macht für genügend bedenklich gehalten, dass sie Ende Dezember die Bürgerjournalistin Zhang Zhan zu vier Jahren Haft verurteilt hat, die über die Quarantänemaßnahmen in Wuhan berichtet hatte“.

Doch für Valérie Niquet liegt das Kernproblem woanders: „Das System hat sich nicht verändert. Es ist noch immer genauso korrupt. Auf den Märkten, auf denen die Chinesen weiterhin alle möglichen Tiere verkaufen, um ein wenig Geld zu verdienen, werden keinerlei Hygienekontrollen durchgeführt. Man hat aus den Fehlern nicht gelernt. Daher gibt es keinen Grund, dass dies nicht erneut beginnt und in einem oder zwei Jahren ein neuer Virus von neuem auftaucht“.  DT/KS

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