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Elisabeth Motschmann drängt auf schnelle Entscheidung der K-Frage

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann will, dass die Basis den Kanzlerkandidaten wählt. Sie wünscht Änderungen im Corona-Management.
Angela Merkel und die Corona-Maßnahmen
Foto: Michael Kappeler (dpa-pool) | Für die Fähigkeit, um Verzeihung für gemachte Fehler bitten zu können, gebühre Bundeskanzlerin Angela Merkel Respekt, meint CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann.

Frau Motschmann, Sie haben via Twitter in Ihrer Partei die Diskussion angestoßen, den Kanzlerkandidaten der Union über eine Mitgliederbefragung zu bestimmen. Warum?

Das wäre die stärkste Legitimation für einen Kandidaten, wenn die Basis der Partei eine Empfehlung abgibt. So eine Wahl ließe sich ja etwa digital durchführen. Der Bundesparteitag hat gezeigt, dass das technisch möglich ist. Und natürlich müsste dann auch die CSU so eine Mitgliederbefragung durchführen. Wichtig ist jetzt: Je schneller es zu einer Entscheidung kommt, um so besser.

"Nicht nur die  Wählerinnen und Wähler
suchen Orientierung, auch die Partei braucht sie"

Wie ist die Stimmung in der Bundestagsfraktion? Überwiegt bei Ihren Kollegen auch das Gefühl, dass es drängt, den Kanzlerkandidaten zu bestimmen?

Ja, das ist ganz eindeutig so. Nicht nur die  Wählerinnen und Wähler suchen Orientierung, auch die Partei braucht sie. Und so eine Orientierung geben vor allem Persönlichkeiten. Das hat sich ja auch bei den letzten Landtagswahlen gezeigt. Die Menschen haben sich für Personen entschieden. Es gibt jetzt natürlich viel Spekulation: Wer hat die größte Chance, die Wahl zu gewinnen? Wer ist in der Lage, Brücken zu bauen und CDU und CSU zusammenzuhalten?

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Nun, zunächst müssten sich einmal die in Frage kommenden Personen klar erklären. Dass Armin Laschet auf die Kandidatur abzielt, ist deutlich. Markus Söder hat sich bis jetzt zu dieser Frage noch nicht geäußert. Beide wären hervorragende Kandidaten.

Als in der letzten Woche die „Osterruhe“ verkündet wurde, gehörten Sie zu den Kritikern. Sie twitterten: „Ich kann die Beschlüsse selbst nicht mehr schönreden.“ Und: „Ein Orkan gesellschaftlicher Kritik zieht über uns Parlamentarier hinweg.“

Diese Beschlüsse waren vielleicht gut gemeint. Aber die sogenannte „Osterruhe“ musste rückgängig gemacht werden, sie war auch juristisch nicht haltbar.

"Es ist ein Zeichen von Größe und Stärke,
Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen.
Dafür dass die Kanzlerin die Bevölkerung um
Verzeihung gebeten hat, gebührt ihr Respekt"

Dann kam die Entschuldigung der Bundeskanzlerin. Wie bewerten Sie die Situation jetzt?

Zunächst einmal: Wer viel macht, macht auch Fehler. Es ist ein Zeichen von Größe und Stärke, Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen. Dafür dass die Kanzlerin die Bevölkerung um Verzeihung gebeten hat, gebührt ihr Respekt. Das sage ich gerade auch als Christin. Diese Bitte war glaubwürdig und mit großer Ernsthaftigkeit vorgetragen. Die Kanzlerin beansprucht keine Unfehlbarkeit wie der Papst. Wir müssen jetzt nach vorne schauen: Die Menschen müssen mehr mitgenommen werden. Wir müssen mehr auf Eigenverantwortung setzen. Warum soll es etwa in den Osterferien nicht kontaktarmen Urlaub in Ferienwohnungen geben können, dort wo Inzidenzen niedrig sind? Vor allem die Familien leiden unter den Bedingungen der Pandemie. Für sie könnte es wichtig sein, jetzt über ein paar Urlaubstage Erholung zu bekommen.

Elisabeth Motschmann
Foto: Stephanie Pilick (dpa) | Elisabeth Motschmann gehört seit 2013 für die CDU dem Bundestag an. Bei der kommenden Wahl tritt sie in ihrem Wahlkreis in Bremen nicht mehr an.

Und wie bewerten Sie im Nachhinein die Bitte an die Kirchen, an den Kar- und Ostertagen keine Gottesdienste durchzuführen, ohne vorher mit ihnen darüber zu zu sprechen? Horst Seehofer hat gesagt, es sei schwer verständlich, dass eine Partei mit dem „C“ im Namen so agiere.

Ich bin dankbar, dass diese Entscheidung schnell revidiert wurde. Ich bin mit einem evangelischen Pfarrer verheiratet. Mein Mann ist zwar pensioniert, aber er predigt noch sehr viel, auch in unterschiedlichen Kirchen. Ich erlebe also viele unterschiedlichen Gemeinden in ihrem gottesdienstlichen Handeln. Und ich konnte so in unterschiedlichen Gemeinden feststellen, dass keine Gefahr besteht, sich dort anzustecken. Die Kirchen sind groß und es ist genug Platz für die Gläubigen, um sich mit dem notwendigen Abstand in die Bänke setzen zu können. Es wird nicht gesungen. Alle tragen Masken. Es ist ist auch schnell verstanden worden, dass die Bitte zurückgezogen werden musste.

Sie sind selbst im Lebensschutz aktiv. Der Kampf gegen die Pandemie wird vielfach auch als Lebensschutz bezeichnet. Weil es eben darum gehe, Menschen vor dem Virus und seinen möglicherweise tödlichen Folgen zu schützen. Vor einem Jahr schon löste Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble eine Debatte zu der Frage aus, inwiefern es notwendig sei, zwischen diesem Lebensschutz in der Pandemie und möglichen Kollateralschäden in der Gesellschaft abzuwägen. Einen totalen Lebensschutz könne der Staat nicht gewährleisten. Es sei nicht möglich, per Gesetz jeden Corona-Todesfall zu verhindern. Wie stehen Sie als christliche Politikerin dazu?

Das ist eine schwierige ethische Frage. Wir müssen in jedem Fall unseren Blick stärker auch auf die schweren Schicksale der Menschen lenken, die unter den Corona-Maßnahmen leiden. Da sind etwa Kranke, deren Operationen jetzt verschoben werden. Oder Kinder, die soziale Vereinsamung erleben. Aber auch die vielen Geschäftsleute, die um ihre Existenz fürchten.

Was ist mit den vielen Künstlern und Soloselbstständigen? Diejenigen, für die es ganz selbstverständlich ist, dass sie automatisch an jedem Ersten im Monat ihr Gehalt überwiesen bekommen, müssen mehr Sensibilität für deren Existenznot aufbringen. Diese drohende Existenznot gilt es auch immer gegen gesundheitlichen Schäden abzuwägen. Grundsätzlich ist aber: Der Schutz des Lebens steht an erster Stelle und hat oberste Priorität.

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Sebastian Sasse

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