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Will Spanien die Monarchie abschaffen?

Immer mehr Spanier wollen die Monarchie abschaffen – Dabei gibt sich König Felipe betont liberal. Von José Garcia
Spanien und die Monarchie
Foto: dpa

Der 3. Oktober 2017. Der spanische König Felipe VI. hält eine Fernsehansprache, nachdem sich die katalanische Regionalregierung am 1. Oktober über höchstrichterliche Verbote sowie über die Landesverfassung Kataloniens und die eigene Parlaments-Geschäftsordnung hinweggesetzt und ein verfassungswidriges Referendum veranstaltet hatte. Für die meisten Spanier war das kraftvolle Eintreten des Königs für die Einheit des Landes einfach seine Pflicht: „Er tat, was er tun musste.“ Die katalanischen Separatisten werteten jedoch Felipes Ansprache als einen Affront. Zwar warfen dem König nicht nur Sezessionisten vor, dass er die Opfer der von vielen als unverhältnismäßig erachteten Polizeigewalt gegen die Referendumsteilnehmer mit keinem Wort erwähnt habe. Für Separatisten war die Rede des Königs aber wieder einmal typisch für „die Bourbonen“.

Es gibt historische Gründe: In der Abneigung, die in Katalonien dem Königshaus keineswegs nur vonseiten der Befürworter eines von Spanien unabhängigen Staates entgegengebracht wird, zeigt sich auch das Ergebnis jahrzehntelanger Geschichtsklitterung: Der Spanische Erbfolgekrieg, den die Anhänger der Bourbonen und die der Habsburger zwischen 1701 und 1714 um den spanischen Thron führten, wird als ein Unterdrückungskrieg des zentralistischen Spaniens gegen die um Autonomie strebenden Katalanen umgedeutet. So wird heute die Einnahme Barcelonas am 11. September 1714 durch „die Bourbonen“ als ein Gedenktag begangen.

Die Linke will in Spanien die Monarchie abschaffen

Im Gegensatz zu seinem Vater Juan Carlos I., der lediglich in den letzten Jahren vor seiner Abdankung im Juni 2014 insbesondere wegen der „Elefantenjagd-Affäre“ 2012 in der Kritik stand, muss sich Felipe VI. mit ernsthaften Bestrebungen im Land auseinandersetzen, die die Monarchie abschaffen wollen. Bereits zu Juan Carlos' Abdankung 2014 demonstrierten allein in Madrid etwa 30 000 Menschen dafür. Sie trugen rot-gelb-violette Fahnen aus der Zeit der Zweiten Republik (1931–1939).

Solche Proteste bekamen nach Oktober 2018 neuen Aufwind, als am Jahrestag des verfassungswidrigen Referendums das katalanische Parlament eine Erklärung verabschiedete, die die Rede von Felipe VI. vom Vorjahr verurteilte und die Abschaffung der Monarchie forderte. Zwar hatte die Erklärung keine rechtlich bindenden Folgen, dennoch rief die Zentralregierung unter Premierminister Pedro Sanchez das Verfassungsgericht an, um sie für ungültig erklären zu lassen. Anfang Dezember stimmten etwa mehr als 23 000 Menschen in Madrid in einem inoffiziellen Referendum über Spaniens Monarchie ab. Das Ergebnis: 93 Prozent der Befragten waren gegen die Monarchie. Ähnliche inoffizielle Abstimmungen gab es an mehreren Universitäten Spaniens – mit ähnlichen Ergebnissen.

Im Unterschied zu den Sozialisten und Kommunisten, die sich 1978 zur spanischen Verfassung und eben auch zur Monarchie bekannten und von sich sagten, „wir sind zwar keine Monarchisten, aber Juancarlisten“, spricht sich die in der Partei „Podemos Unidos“ organisierte neue Linke offen für die Abschaffung der Monarchie aus. Deren Vorsitzender Pablo Iglesias verweigerte dem König am 6. Dezember, als Felipe VI. zum 40-jährigen Jahrestag der Verfassung das spanische Parlament besuchte, den Handschlag – ein weiteres symbolisches Zeichen bei einem Politiker, der etwa dem Nationalfeiertag fernbleibt, oder der sich gerne mit einer baskischen oder katalanischen, nie aber mit einer spanischen Fahne ablichten lässt.

Die spanischen Institutionen stehen zwar zu Felipe VI. und zur Monarchie, aber der katalanische Separatismus und die neue Linke sind zwei sehr reale Gefahren für die spanische Monarchie. Die spanische Gesellschaft ist in Fragen Monarchie oder Republik gespalten.

Aber auch in einer anderen Hinsicht ist ein Unterschied zwischen Juan Carlos und seinem Sohn Felipe zu beobachten – im Verhältnis zur Kirche. Felipe VI. scheint für eine größere Trennung zwischen Thron und Altar einzutreten: Bereits bei seiner Krönung fehlte jedes religiöse Zeichen. Bei jeder Weihnachtsansprache Juan Carlos' war die Krippe im Bild gut sichtbar. Sein Sohn setzt eine kleine Krippe in eine Zimmerecke. Seine Frau Letizia war standesamtlich verheiratet und geschieden, ehe sie den damaligen Thronfolger heiratete. Damals bezeichnete sie sich selbst als Atheistin. Ob sie ihre Meinung geändert hat, sei dahingestellt. Jedenfalls war es auffällig, dass beim Besuch der königlichen Familie im Marien-Wallfahrtsort Covadonga (DT vom 13. September) sowohl der König als auch seine zwei Töchter vor dem Altar ein Kreuzzeichen machten – Letizia aber nicht.

König Felipe sympathisiert mit Laizismus

Es ist ebenfalls bezeichnend, dass die diesjährige „Weihnachtskarte“ des Königshauses eine Aufnahme der königlichen Familie in Covadonga zeigt – allerdings nicht im Wallfahrtsort, sondern am Ufer des berühmten Sees. Es scheint, dass Felipe VI. alle religiösen Symbole bewusst meidet – Er möchte König über ein laizistisches Land sein.

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