In Ägypten rufen Salafisten und Muslimbrüder dazu auf, die gesundheitlichen Anweisungen der Behörden zu ignorieren, weil nur „Ungläubige“ an Covid-19 erkranken würden. In dem nordafrikanischen Land werden während der Coronavirus-Pandemie Menschenrechte stark eingeschränkt und Kritiker willkürlich verhaftet. Das berichtete die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)
Alarmierende Vorfälle während des Ramadans
Während des Ramadans komme es immer wieder vermehrt zu Angriffen auf Cafés oder Einrichtungen, die von Christen betrieben würden. „Ägypten weist seit Jahren eine sehr schlechte Menschenrechtsbilanz auf, doch die aktuellen Vorfälle sind mehr als alarmierend“, erklärte die Menschenrechtsorganisation. So führe Kritik am Krisenmanagement der ägyptischen Regierung zu immer mehr willkürlichen Festnahmen, wie der Fall der Übersetzerinnen Marwa Arafa und Kholoud Said zeige.
Die 27-jährige Marwa Arafa und die 35-jährige Kholoud Said arbeiten den Informationen zufolge als Übersetzerinnen und wurden am 20. und 21. April willkürlich verhaftet. Ihr aktueller Aufenthaltsort sei nicht bekannt. Kholoud Said, die in der Bibliothek von Alexandria tätig ist, werde der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Verbreitung falscher Nachrichten und der Nutzung einer Webseite mit dem Zweck, ein Verbrechen zu begehen“ bezichtigt. In einigen Facebook-Posts hatte sie kürzlich Artikel verlinkt, in denen die ägyptische Regierung kritisiert wurde. Ihre offizielle Anklage ist bisher nicht bekannt. Seit März sind zahlreiche Bürgerrechtler und Kritiker – wie der Menschenrechtsanwalt Mohsen Bahnasy – willkürlich festgenommen worden, weil sie die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie öffentlich in Frage gestellt haben.
Salafisten animieren dazu, hygienische Empfehlungen zu ignorieren
„Wir haben erfahren, dass Salafisten die ägyptische Bevölkerung dazu animieren, die hygienischen Empfehlungen zu ignorieren und zum Beispiel Lebensmittel abzulecken, da an Covid-19 nur Ungläubige sterben würden“, berichtete die IGFM. Die Muslimbruderschaft habe inzwischen eine Social Media-Kampagne gegen die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung des Coronavirus gestartet. An Covid-19 erkrankte Landsleute sollten zu Polizeiwachen, Botschaften, Gerichtsgebäuden und Konsulaten gehen und Beamten die Hände schütteln. Dadurch solle sich das Volk an der Regierung von Präsident Abdel Fattah Al-Sisi rächen.
DT/chp
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