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Wie "Diversifizierung" zu Rassendiskriminierung führt

Das amerikanische Justizministerium stützt sich bei seinem Vorwurf der Diskriminierung von Asiaten und Weiße an der Yale-Universität auf eine zweijährige Untersuchung. Die gegensätzliche Haltung zur positiven Diskriminierung wird auch im Wahlkampf zwischen Trump und Biden eine wichtige Rolle spielen.
Black Lives Matter: Ethische "Diversifizierung" führt zu Rassendiskriminierung
Foto: Moritz Frankenberg (dpa) | Die gegensätzliche Haltung zur positiven Diskriminierung wird auch im Wahlkampf zwischen Trump und Biden eine wichtige Rolle spielen.

Während weltweit gegen eine „systematische“ Diskriminierung von Schwarzen demonstriert wird, hat das US-amerikanische Justizministerium der renommierten Yale University vorgeworfen, die Bürgerrechte seiner weißen und asiatischen Studenten zu verletzen, indem diese gegenüber schwarzen Studienbewerbern systematisch benachteiligt würden. Das Ministerium hatte zwei Jahre lang die Zugangsmodalitäten von Weißen, Asiaten und Schwarzen für die Aufnahme an der Universität untersucht, wie das französische Politikmagazin Le Point berichtet.

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Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, der Supreme Court, hatte den Universitäten bereits gestattet, die ethnische Abstammung bei der Auswahl der Studienbewerber zu berücksichtigen. Doch das Justizministerium beklagt nun, dass „die Rasse der entscheidende Faktor bei den hunderten jährlichen Zulassungen an der Yale University ist“. So hätten „die Asiaten und die Weißen 4 bis 10 mal geringere Chancen als afroamerikanische Bewerber, zum Studium in Yale angenommen zu werden“. Auf „illegale Weise die Amerikaner in rassische und ethnische Kategorien einzuteilen, fördert Vorurteile, Verbitterung und Spaltung“, stellte der stellvertretende Justizminister der Vereinigten Staaten Eric Dreiband fest.

Erhöhter Zugang von Schwarzen zu Bildung und Arbeitsplätzen

Die Untersuchung an der Yale University war vor zwei Jahren von der Trump-Regierung eingeleitet worden, nachdem sich asiatische Studentengruppen, besonders die Organisation Asian American Coalition for Education, über eine ungerechte Behandlung der Universität gegenüber Afroamerikanern beschwert hatten. Die Universität beruft sich indes auf ihre Politik der „positiven Diskriminierung“, mit deren Umsetzung ein erhöhter Zugang von Minderheiten wie den amerikanischen Schwarzen an Bildungseinrichtungen und Arbeitsplätzen sichergestellt werden soll.

Der Begriff der „positiven Diskriminierung“ (engl. „affirmative action“), der zum ersten Mal während der Amtszeit John F Kennedys mit der Executive Order Nr. 10925 auftauchte, beinhaltet ein ganzes Bündel an Maßnahmen: Studienstipendien für bestimmte Personengruppen (beispielsweise Indianer), eine bevorzugte Behandlung bei Einstellungen oder Studienzulassungen oder auch staatliche Fördermaßnahmen (wie etwa die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ausschließlich an Unternehmen, deren Mitarbeiter die ethnische Vielfalt der amerikanischen Bevölkerung widerspiegelt). 

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Schon 2014 hatte die Organisation „Students for Fair Admissions“ eine Klage gegen die Elite-Uni Harvard geführt, da sie meinte, dass diese Universität die Bewerber asiatischer Herkunft diskriminierte. So besteht die Aufnahmeprüfung für Harvard aus zwei Komponenten: den Ergebnissen vom SAT (Scholastic Assessment Test) – eine schriftliche Prüfung, mit der die allgemeinen Kompetenzen des Bewerbers gemessen werden – und dem „Dossier“-Teil, der die Motivation, die Persönlichkeit sowie den persönlichen Werdegang des Bewerbers evaluiert.

Ethische "Diversifizierung" führt zu Rassendiskriminierung

Die Students for Fair Admissions hatten bei ihrer Beschwerde Datenmaterial angeführt, dass niemand – noch nicht einmal die Anhänger der positiven Diskriminierung – bestreiten: die Punktzahl der Afroamerikaner, Hispanics und der amerikanischen Indianer, die zu dieser Universität zugelassen werden, liegt deutlich unter jener der asiatischen Amerikaner. Die Beschwerdeführer verdächtigten nun im Lichte dieser Fakten die Universität, die afroamerikanischen, die hispanischen und die indianischen Studenten bei dem „Dossier“-Teil, der zwangsläufig sehr viel subjektiver als der SAT ist, überzubewerten. Wie der an der kanadischen Universität von Quebec lehrende Professor für Politikwissenschaft, Paul May, im Figaro bemerkt, habe das Bestreben Harvards, „seinen Campus ethnisch zu diversifizieren, den indirekten Effekt, den Zugang für Asiaten zu erschweren, die deutlich höhere Punktzahlen als andere Ethnien erreichen müssten, um aufgenommen zu werden“. Einer im Jahr 2013 von der Universität Harvard selbst durchgeführte Analyse habe gezeigt, dass „die Amerikaner asiatischer Herkunft eigentlich 43,4 % der Studenten ausmachen müssten, während ihr tatsächlicher Anteil bei 18,7 % liegt“ - würde man nur die Ergebnisse des SAT für die Aufnahme heranziehen.

In den Vereinigten Staaten ist die positive Diskriminierung schon seit Jahrzehnten ein bedeutendes Thema, weil es eines der wichtigsten Elemente des ideologischen Gegensatzes zwischen dem republikanischen und dem demokratischen Lager darstellt. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass die Anhänger einer positiven Diskriminierung überwiegend Demokraten, und ihre Gegner hauptsächlich Republikaner seien. (DT/ks)

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