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USA: Oberster Gerichtshof will sich mit restriktivem Abtreibungsgesetz befassen

Kommt es bald zu einem neuen Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage? Der Oberste US-Gerichtshof will sich jedenfalls damit befassen, ob ein Gesetz aus Mississippi verfassungskonform ist, das Abtreibungen ab der 15. Schwangerschaftswoche verbietet. Abtreibungsbefürworter und Lebensschützer beobachten den Fall mit Spannung.
Supreme Court
Foto: J. Scott Applewhite (AP) | Seit Jahren erlassen US-Lebensschützer auf bundesstaatlicher Ebene strikte Abtreibungsgesetze, gegen die Abtreibungsbefürworter meist klagen.

Der Oberste Gerichtshof der USA will sich mit einem Gesetz befassen, das die Rechtslage zu Abtreibungen in Amerika grundlegend verändern könnte. Am Montag entschied der „Supreme Court“, in seiner nächsten Sitzungsperiode im Jahr 2022 den im Bundesstaat Mississippi 2018 erlassenen, bis heute jedoch nicht gültigen „Gestational Age Act“ zu diskutieren, der Abtreibungen ab der 15. Schwangerschaftswoche abgesehen von wenigen Ausnahmen verbietet.

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Für zahlreiche Beobachter überraschend

Derzeit ermöglicht das umstrittene Grundsatzurteil Roe vs. Wade aus dem Jahr 1973 einen straffreien Zugang zu Abtreibungen im ersten Trimester einer Schwangerschaft – mit gewissen Einschränkungen auch noch im zweiten Trimester. Für das Urteil im Fall Roe vs. Wade entscheidend war der Zeitpunkt, zu dem ein Fötus nach damaligem Kenntnisstand der Medizin lebensfähig war, was etwa der 23. bzw. 24. Woche der Schwangerschaft entsprach. Sollte der Supreme Court das Gesetz aus Mississippi für verfassungskonform erklären, wären Abtreibungen somit etwa acht Wochen früher in einer Schwangerschaft verboten als es unter der aktuellen Rechtslage der Fall ist. 

Gegen den „Gestational Age Act“ geklagt hatte die „Jackson Women's Health Organization“. Ein Bundesgericht in Mississippi hatte das Gesetz daraufhin mit einer Einstweiligen Verfügung gestoppt; ein Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Daher kam die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, sich nun mit dem Gesetz zu befassen, für zahlreiche Beobachter überraschend. 

Lackmustest für neues Grundsatzurteil

Bei Abtreibungsbefürwortern stieß sie auf Kritik, während sich Lebensschützer sehr positiv äußerten. „Die Alarmglocken läuten schrill wegen der Bedrohung von reproduktiven Rechten“, erklärte beispielsweise die Vorsitzende des „Center for Reproductive Rights“, Nancy Northup. Der Supreme Court würde sich nun mit einem Abtreibungsverbot befassen, das gegen die Präzedenzfälle der vergangenen 50 Jahre verstoße und einen Lackmustest für ein neues Grundsatzurteil im Fall Roe vs. Wade darstelle.

Erfreut über die Entscheidung des Gerichts zeigte sich dagegen die christliche Menschenrechtsorganisation ADF. „Jedes menschliche Leben ist wertvoll, und das Gesetz des Staates Mississippi ist ein vernünftiger Schritt zum Schutz ungeborener Kinder und ihrer Mütter vor den Schäden von Spätabtreibungen“, so ein führender Vertreter der Organisation. Jeanne Mancini, Organisatorin des jährlichen „March for Life“, erklärte, Bundesstaaten sollten das Recht erhalten, ihre Gesetze in Einklang mit der öffentlichen Meinung zu formulieren. Beim Thema Abtreibung sei menschliche Anteilnahme angebracht, „statt der extremen Politik, die Roe auferlegt hat“.

Lebensschützer schöpfen neue Hoffnung

Seit Jahren erlassen US-Lebensschützer auf bundesstaatlicher Ebene strikte Abtreibungsgesetze, gegen die Abtreibungsbefürworter meist klagen. So wollen sie den Obersten Gerichtshof dazu bringen, sich erneut mit der Abtreibungsfrage zu befassen. Insbesondere nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump während seiner Amtszeit drei konservative Richter an den Supreme Court berief, sind die Hoffnungen von Lebensschützern wieder deutlich gestiegen. Nach dem Tod der linksliberalen Höchstrichterin Ruth Bader Ginsburg sorgte Trump mit der Ernennung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett dafür, dass der Oberste Gerichtshof eine deutliche konservative Mehrheit von sechs zu drei Richtern aufweist. 

Wie das Höchstgericht im Fall des Gesetzes aus Mississippi urteilen und ob es zu einem neuen Grundsatzurteil kommen wird, ist dennoch nicht klar. Sollte der Supreme Court aber ein weitgehendes Abtreibungsverbot ab der 15. Schwangerschaftswoche für verfassungskonform erklären, dürfte dies auch den Weg ebnen für zahlreiche weitere strikte Abtreibungsgesetze, die in einigen republikanisch regierten Bundesstaaten bereits erlassen wurden, bislang jedoch nicht in Kraft traten.  DT/mlu

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