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US-Bischöfe kritisieren Urteil zu LGBT-Rechten am Arbeitsplatz

Der Oberste Gerichtshof urteilt überraschend deutlich, dass Homo- und Transsexuellen nicht aufgrund ihrer sexuellen Identität oder Orientierung gekündigt werden darf. Die US-Bischöfe bemängeln, dass das Urteil die rechtliche Bedeutung des Geschlechts neu definiere.
Oberster Gerichtshof stärkt Rechte Homosexueller in den USA
Foto: Carol Guzy (ZUMA Wire) | Der Oberste Gerichtshof fasste mehrere Fälle, über die nachgeordnete Gerichte zuvor geurteilt hatten, zusammen, um ein Grundsatzurteil zu „LGBTQ“-Personen und deren Rechten am Arbeitsplatz zu fällen.

Die katholischen US-Bischöfe haben das Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs zum Schutz von Homo- und Transsexuellen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz kritisiert. Er sei "zutiefst besorgt" darüber, dass der "Supreme Court" die rechtliche Bedeutung des Geschlechts praktisch neu definiert habe, erklärte der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof José Gomez, in einer Stellungnahme. "Das ist eine Ungerechtigkeit, die in viele Lebensbereiche hineinwirken wird."

"Um unseren Nächsten vor ungerechter Diskriminierung
zu schützen, muss die menschliche Natur nicht neu definiert werden"
Erzbischof José Gomez, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz

Der Oberste Gerichtshof hatte mit sechs zu drei Stimmen entschieden, dass „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts“, die gemäß dem „Civil Rights Act“ aus dem Jahr 1964 verboten ist, auch die sexuelle Orientierung und die persönlich empfundene sexuelle Identität umfasst. Somit können sich nun auch Homo- und Transsexuelle auf das Bürgerrechtsgesetz berufen.

Gomez betonte, man ignoriere die "Herrlichkeit von Gottes Schöpfung" und schade der menschlichen Familie, wenn man die "wunderschönen Unterschiede" und die komplementäre Beziehung zwischen Mann und Frau beseitige. "Unser Geschlecht, ob männlich oder weiblich, ist Teil von Gottes Schöpfungsplan und unserer Leben." Jede menschliche Person sei nach dem Abbild Gottes geschaffen und müsse ausnahmslos mit Würde, Mitgefühl und Respekt behandelt werden. "Um unseren Nächsten vor ungerechter Diskriminierung zu schützen, muss die menschliche Natur nicht neu definiert werden", so Gomez.

Von Trump ernanner Richter verfasst Mehrheitsmeinung

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Das Oberste Gericht sieht das anders. Die Mehrheitsmeinung verfasste der von US-Präsident Donald Trump ernannte konservative Verfassungsrichter Neil Gorsuch, der sich zusammen mit dem Vorsitzenden des Gerichtshofs, „Chief Justice“ John Roberts, auf die Seite der vier liberalen Höchstrichter stellte. „Ein Arbeitgeber, der ein Individuum feuert, weil es homosexuell oder transgender ist, tut das wegen Eigenschaften oder Handlungen, die es bei Angehörigen einer anderen Sexualität nicht infrage stellt“, schreibt Gorsuch. Deshalb fielen die Betroffenen unter den intendierten Diskriminierungsschutz des Gesetzes.

Der Oberste Gerichtshof fasste mehrere Fälle, über die nachgeordnete Gerichte zuvor geurteilt hatten, zusammen, um ein Grundsatzurteil zu „LGBTQ“-Personen und deren Rechten am Arbeitsplatz zu fällen. Zu ihnen gehörte der eines christlichen Bestattungsunternehmens, das einen männlichen Angestellten entlassen hatte, der sich bei der Arbeit als Frau kleiden wollte. In einem anderen Fall ging es um einen Lehrer für Fallschirmspringen, dem gekündigt worden war, nachdem er einen Kunden informiert hatte, dass er homosexuell sei. Die Anwälte der Arbeitgeber und der US-Regierung hatten dabei argumentiert, dass der „Civil Rights Act“ lediglich Frauen und Männer vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schütze. Die nachgeordneten Gerichte waren zu unterschiedlichen Urteilen gelangt.

Interpretiert der Supreme Court die Verfassung?

Die Minderheitsmeinung vertraten einerseits die Höchstrichter Samuel Alito und Clarence Thomas. Darin argumentierten die beiden konservativen Richter, dass der „Supreme Court“ die US-Verfassung mit seinem jüngsten Urteil „interpretiere“, und erinnerten daran, dass die Aufgabe des Gerichtshofs darauf beschränkt sei, „festzustellen, was das Gesetz ist“.

Der dritte von der Mehrheitsmeinung abweichende Richter, der ebenfalls von Trump ernannte Brett Kavanaugh, verfasste seine eigene abweichende Meinung. Darin betonte er, dass der „Supreme Court“ seiner Ansicht nach nicht die Kompetenz habe, über die zur Diskussion stehende Frage zu urteilen. Diese sieht Kavanaugh „beim US-Kongress und dem Präsidenten im legislativen Prozess“. Gleichzeitig stellte er nicht grundsätzlich in Frage, dass Homo- und Transsexuelle vor Diskriminierung am Arbeitsplatz geschützt sein sollten und lobte das Urteil des Gerichtshofs als „wichtigen Sieg schwuler und lesbischer Amerikaner“.

Trump: "Sehr mächtige" Entscheidung

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US-Präsident Donald Trump erklärte nach der Urteilsverkündung, die Regierung werde die Entscheidung akzeptieren, auch wenn manche überrascht gewesen seien. „Sie haben entschieden und wir leben mit ihrer Entscheidung. Darum geht es“, erklärte Trump vor Journalisten im Weißen Haus. Zudem sprach er von einer „sehr mächtigen“ Entscheidung.

Im Vorfeld hatte die Trump-Regierung in einem Appell an den Obersten Gerichtshof eine vom nun gefällten Urteil abweichende Meinung vertreten. Der „Civil Rights Act“ beziehe sich nicht auf Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität einer Person oder einer Trennung von geschlechtlicher Identität und dem biologischen Geschlecht, hieß es darin.

DT/mlu

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