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Universität Leicester will Literatur des Mittelalters aus Lehrplan streichen

Die University of Leicester kündigte an, Werke wie Chaucers Canterbury-Erzählungen, den Artus-Stoff und weitere Hochliteratur aus dem Mittelalter nicht mehr zu lehren. Stattdessen sollen die Studenten mehr über „Sexualität, Diversität und Rasse“ erfahren. Historiker halten den Plan für „verrückt“.
Symbolbild zur Debatte um die sogenannte Cancel Culture.
Foto: via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Meisterwerke der englischen Literatur wie Geoffrey Chaucers „Canterbury Tales“ und das frühmittelalterliche epische Heldengedicht „Beowulf“ sollen aus dem Curriculum der Universität Leicester gestrichen werden.

Pläne der britischen University of Leicester sehen vor, den Lehrplan neu auszurichten, indem er „dekolonialisiert“ werden soll. Dafür sollen Meisterwerke der englischen Literatur, wie Geoffrey Chaucers „Canterbury Tales“ und das frühmittelalterliche epische Heldengedicht „Beowulf“ aus dem Curriculum gestrichen werden. Auch die Artuslegenden und die Texte von John Milton („Paradise Lost“) stehen auf der schwarzen Liste, wie die Daily Mail mitteilt.

Ein "dekolonialisiertes Curriculum"

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In einer Mail, die der britischen Tageszeitung The Telegraph vorliegt, heißt es seitens der Universitätsleitung: „Das Ziel unserer Vorschläge ist, Bachelorabschlüsse anzubieten, bei denen Module bereitgestellt werden, die die Studenten von einem Englisch-Abschluss erwarten“. Der neue Lehrplan solle „aufregend innovativ“ sein und würde folgendes beinhalten: „Eine chronologische Literaturgeschichte, eine Auswahl von Modulen über Rasse, Ethnie, Sexualität und Diversität“. Es solle ein „dekolonialisiertes Curriculum“ sein. Die Änderungen würden sämtliche Literatur betreffen, die vor 1500 verfasst wurde.

Nachdem mehrere Zeitungen über die Absichten berichtet hatten, diese Neuausrichtung in Bezug auf den Studienplan Angriff zu nehmen, habe sich die Universität mit einer Flut an Kritik konfrontiert gesehen, berichtet die Daily Mail weiter. Der britische Historiker Robert Tombs, der unter anderem einen Bestseller über die englische Sprachgeschichte verfasste, hält die Pläne für „verrückt“.

"Kurzsichtig und kontraproduktiv

Es wäre eine „Tragödie“, so der emeritierte Professor weiter, wenn diese Werke den Studenten nunmehr „vorenthalten“ würden, denn das Wesentliche an der Literatur sei es ja, dabei zu helfen, „sich Welten vorzustellen, die wir ansonsten nicht erreichen“ könnten, statt uns „etwas darüber zu erzählen, was uns bereits vertraut ist“. Und der bekannte britische Historiker Ian Mortimer, dessen Werke auch auf Deutsch erschienen, sagte: „Ich finde diese Vorschläge nicht nur bedrückend, sondern zutiefst falsch – wie auch unglaublich kurzsichtig und kontraproduktiv“.

Während die Universitätsleitung die Kurse über William Shakespeares klassische Werke noch beibehalten wolle, könnten viele Dozenten, die die gefährdeten Kurse unterrichten, nun ihre Stelle verlieren. Dem Telegraph zufolge seien jetzt 60 Arbeitsplätze in Gefahr.

Schon im vergangenen Jahr für Spott gesorgt

Als Grund für die Neuausrichtung gab der Rektor und Vizekanzler der University of Leicester, Nishan Canagarajah, an, dass dies zu einer langfristigen Strategie gehöre, „auf internationaler Ebene zu konkurrieren“. Um das zu erleichtern, „müssen wir in einer begrenzten Anzahl von Bereichen den Betrieb gegebenenfalls einstellen“.

Schon im vergangenen Jahr habe die Universität, laut Daily Mail, „Spott auf sich gezogen“, weil sie den Internationalen Frauentag in „International Day of Womxn’s Day“ umbenannt hatte. Der Schritt sei, der Universität zufolge, fällig gewesen, um den Tag für die Transgender-Community freundlicher zu gestalten.  DT/ks

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