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Übergriffe von Polizisten: Was die ethnischen Statistiken aussagen

Die Bewegung „Black Lives Matter“ stützt ihre Vorwürfe staatlichen Ordnungskräften gegenüber auf eine verzerrte Analyse der Kriminalität in den USA, meint der „Figaro“.
Polizei in den USA
Foto: Patrick Semansky (AP) | Washington: Zwei Polizisten der US-Parkpolizei stehen auf den Stufen des Lincoln-Memorials.

Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd stellt sich die Frage nach einem „strukturellen Rassismus“ der Polizei. Werden Schwarze häufiger von der Polizei getötet als andere Ethnien? Eine gewisse Einigkeit scheint in den Medien über die Aussage zu herrschen, Schwarze hätten ein großes Risiko, an einer Polizeikugel zu sterben, während Weiße wie auch in anderen Bereichen ein „Privileg“ genössen. Doch nur wenige, so leitet der Figaro seinen Artikel ein, interessierten sich für eine exakte Analyse der Kriminalität. Sie soll den Schlüssel zu einer korrekten Beurteilung der Sachlage liefern.

Kriminologe untersucht schwere Verbrechen

In einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung befasst sich der Kriminologe Xavier Raufer mit den „schweren Verbrechen“ („serious crimes“) in den USA, zu denen Tötungsdelikte, zum Tode führende Schläge und Verletzungen, Vergewaltigungen und bewaffnete sowie gewaltsame Raubüberfälle zählen. Raufer stellt eine deutliche Überrepräsentation „von Schwarzen in den amerikanischen Kriminalstatistiken“ fest - ein Ergebnis, das für eine seriöse Einschätzung, ob Schwarze einer polizeilichen Gewalt eher als Weiße zum Opfer fielen, erforderlich sei. Von etwa 409.000 Festnahmen wegen „serious crime“ im Jahr 2016 bezeichneten sich 241.000 der Beschuldigten als Weiße oder Hispanics (Lateinamerikaner) und 153.000 als Afroamerikaner: „Ein Anteil von 37,5 % afroamerikanischer Täter an der Gesamtzahl, die über dem 13,3 % Anteil Afroamerikaner an der amerikanischen Bevölkerung liegt“.

Gewalt in der Subkultur

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Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hätten die Afroamerikaner „demnach ein größeres Risiko, straffällig und deswegen verhaftet zu werden. In Illinois etwa machen die Schwarzen 14 % der Bevölkerung aus, aber 66 % der eines Mordes Beschuldigten. Wobei Xavier Raufer, unter anderem Dozent an der Shanghaier Fu Dan University und der Washingtoner George Mason University, keinesfalls „sui generis eine Kriminalität ‚der Schwarzen‘ folgert“, der Kriminologe aber im Figaro betont, „dass die bedenklichste Aussage die ist, dass die Kriminalität in erster Linie die Afroamerikaner betrifft: ‚90 % der Morde an Schwarzen werden von anderen Schwarzen begangen – das ist die wirkliche Tragödie!‘“

Auf die Vorwürfe, dass nicht nur die Kriminellen, sondern auch die Polizei in den USA besonders brutal sei, weist Raufer auf die Gewaltkultur hin, die manche schwarze Gemeinschaften in den Ballungsräumen tief präge: „Hören Sie sich die Musik der Jugendgangs ethnischer Minderheiten der Vereinigten Staaten an. Das sind Mordaufrufe von Rappern, die durch einen massiven Alkohol- und ultrakonzentrierten Cannabis-Missbrauch wahnsinnig wurden. Das sind die Engelchen, mit denen die Polizisten der amerikanischen Großstädte konfrontiert sind“.

Keine Hinweise auf systematischen Rassismus

Doch reicht die statistische Überrepräsentation aus, um der Polizei eine Blankovollmacht zu erteilen, wenn sie einen Beschuldigten tötet? Ein erneuter Blick auf die Statistik klärt die Frage: Hierbei kann man die Ethnie der von der Polizei getöteten Personen miteinander vergleichen, um zu überprüfen, ob die Polizisten aus rassistischen Gründen auf eine bestimmte Gruppe aus seien. So stellen die Weißen und die Hispanics etwa 59 % der wegen eines schweren Verbrechens Festgenommenen. Diese machten laut dem statistischen Portal „Statista“ gleichzeitig etwa 57 % der von der Polizei getöteten Personen aus – die Prozentzahlen ähneln sich also. Die Afroamerikaner machen hingegen 37,5 % der wegen eines schweren Verbrechens Beschuldigten aus sowie 22 % der von der Polizei bei der Festnahme getöteten Personen: „Der Prozentsatz der Opfer der Polizei ist demnach bei den Afroamerikanern im Vergleich zu ihrem Anteil an den Verhaftungen niedriger“. Der Figaro folgert: „Wenn man sich an die Zahlen der Kriminalität und der Verhaftungen hält, scheint es schwierig, auf einen systemischen Rassismus in irgendeiner Form seitens der amerikanischen Ordnungskräfte zu schließen“.

 

DT/ks

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