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Türkei: Politische Gefangene bleiben trotz Corona in Haft

Die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisiert ein Gesetz in der Türkei, das die Entlassung von Häftlingen erlaubt, politische Häftlinge davon aber ausschließt.
Der Präsident der Türkei: Recep Tayyip Erdogan
Foto: Burhan Ozbilici (AP)/dpa | Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert, dass politische Gefangene weitgehend von der Regelung der Haftentlassungen in der Coronakrise ausgeschlossen sind.

Auf scharfe Kritik der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist ein Gesetz in der Türkei gestoßen, das die  Entlassung von bis zu 90.000 Häftlingen erlaubt. Mit der Regelung soll die Gefahr einer massenhaften Verbreitung des Coronavirus in den überfüllten und unhygienischen Haftanstalten gemindert werden. Das Gesetz sieht nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu unter anderem vor, dass die Haftzeit von Risikogruppen in Hausarrest umgewandelt werden kann.

Politische Gefangene bleiben trotz Corona in Haftanstalten

Die GfbV in Göttingen kritisiert, dass politische Gefangene, die nach den sogenannten „Anti-Terror-Gesetzen“ inhaftiert wurden, weitgehend von der Regelung ausgeschlossen sind. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation sollen bereits drei Häftlinge an Covid-19 gestorben sein. Etwa 70 Angehörige des Sicherheitspersonals seien positiv auf das Virus getestet worden. „Erdogan lässt lieber Kriminelle frei herumlaufen als politisch Andersdenkende“, betont der GfbV-Nahostexperte Kamal Sido. „Statt die Amnestie als Signal der Versöhnung und Solidarität unter allen Volksgruppen zu nutzen, entlässt er politische Verbündete. Die willkürlich Inhaftierten bleiben weiter in Haft und in Gefahr.“ Von den „Anti-Terror-Gesetzen“ sei vor allem die kurdische Volksgruppe überproportional betroffen. 

Appelle verhallten ungehört 

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Bereits am 6. April hatten die GfbV und die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) einen Appell an den türkischen Präsidenten, die Regierung sowie an alle Mitglieder der Großen Nationalversammlung gerichtet. Darin ersuchten die Menschenrechtsorganisationen, alle politischen Gefangenen und Untersuchungshäftlinge zu entlassen.
Nach dem Putschversuch im Juli 2016 hatte Präsident Erdogan tausende Menschen verhaften lassen, denen eine Nähe zur Gülen-Bewegung unterstellt wird, die er für den Putschversuch verantwortlich macht. Seitdem werden in der Türkei immer wieder Menschen verhaftet, die sich für Menschen- und Minderheitenrechte einsetzen oder die Regierung kritisieren.

 DT/chp

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