Am Ostersonntag vor zwei Jahren, am 21. April 2019, rissen islamische Selbstmordattentäter auf Sri Lanka 280 Menschen in drei Kirchen und drei Hotels des Landes in den Tod. Mehr als 600 Menschen wurden schwer verwundet. Es war der katholische Erzbischof von Colombo, Kardinal Malcolm Ranjith, der mit seiner Autorität damals Racheakte der wütenden und traumatisierten Angehörigen verhinderte. Jetzt fordert er mit Nachdruck von der Regierung, die Hintergründe der Terrorattacken und ihre eigene Mitverantwortung offenzulegen.
Ansehen der Katholiken ist gewachsen
Nur sieben Prozent der Einwohner Sri Lankas sind Katholiken, doch seit den Oster-Anschlägen ist ihr Ansehen in der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung der Trauminsel spürbar gewachsen. Das ist vor allem das Verdienst von Kardinal Ranjith: Zunächst verhinderte er ein neues Blutbad, indem er die Trauernden abhielt, Rache zu nehmen und von Opfern zu Tätern zu werden. Dann organisierte er, was der Staat zwar versprach, aber nie zu leisten verstand, nämlich psychologische, soziale und finanzielle Hilfe für die Familien der Terroropfer. Und dies unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit.
Drittens drängt der Kardinal energisch auf eine konsequente Aufklärung der Hintergründe der Anschläge. Nun hat Ranjith der Regierung Sri Lankas gedroht, den Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag anzurufen, sollte sie bei der Aufklärung weiterhin versagen: „Wenn die Regierung den Opfern der Oster-Anschläge keine Gerechtigkeit zuteil werden lässt, dann werde ich zum Internationalen Gerichtshof gehen und Gerechtigkeit einfordern.“
Familien der Opfer wollen die Wahrheit wissen
Kardinal Ranjith warnt die Regierung: „Die Familien der Opfer wollen die Wahrheit wissen!“ Er selbst hat – wie die Opfer des Terrors und ihre Angehörigen – bis heute keine Einsicht in die seit 1. Februar abgeschlossene Untersuchung der Regierung erhalten. Ranjith ist davon überzeugt, dass die staatlichen Autoritäten alles tun werden, um eine internationale juristische Aufarbeitung zu verhindern. Erwiesen scheint zu sein, dass der indische Geheimdienst die zuständigen Regierungsbehörden in Sri Lanka drei Wochen vor den mörderischen Anschlägen mit konkreten Hinweisen warnte und diese Warnungen mehrfach wiederholte – sogar noch am Morgen des Ostersonntag. Die Verantwortlichen in Colombo unternahmen jedoch nichts. Kardinal Ranjith bezeichnete das in einem „Tagespost“-Interview im Juli 2019 als „schwerwiegenden Fehler, Fehlkalkulation und ein sträfliches Verbrechen“. DT/sba
Lesen Sie dazu einen Kommentar in der kommenden Ausgabe der Tagespost.