Ein vor kurzem veröffentlichter Artikel in The New England Journal of Medicine - einer der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt – empfiehlt die Abschaffung einer genauen Geschlechtszuweisung in den Geburtsurkunden. Die Autoren, zwei Mediziner und eine Juristin, meinen in ihrem Beitrag mit dem Titel „Failed Assignments – Rethinking Sex Designations on Birth Certificates“ („Verfehlte Zuordnungen – Umdenken bei den Geschlechtszuschreibungen auf Geburtsurkunden“), dass „Geschlechtszuschreibungen auf Geburtsurkunden keinen klinischen Nutzen bieten, und sie können für intersexuelle Menschen schädlich sein“.
Geschlecht nicht binär?
Die christliche Nachrichtenseite The Christian Post, die über den Fall berichtet, zitiert die Autoren mit den Worten: „Die Geschlechtsbezeichnung männlich oder weiblich auf Geburtsurkunden suggeriert, dass das Geschlecht einfach und binär ist“, während das gar nicht stimme. Die Wissenschaftler behaupteten zudem, dass „die für das Geschlecht verantwortlichen biologischen Prozesse nicht vollständig definiert sind, und für eine Geschlechtsbestimmung gibt es keinen allgemein anerkannten Test“. Des Weiteren stellten sie fest, dass die „öffentliche Geschlechtsbezeichnung auf Geburtsurkunden zu genauen Untersuchungen und Beschämungen auffordert“. So könnte die Zuweisung zu einem bestimmten Geschlecht bei der Geburt beispielsweise dafür benutzt werden, die sich als „Transgender [identifizierenden] Personen vom Dienst in geeigneten [gegengeschlechtlichen] Militäreinheiten auszuschließen“. Und es einer als Jungen geborenen, sich aber nun als Frau identifizierenden Person unmöglich machen, in einem Frauen- statt in einem Männergefängnis untergebracht zu werden.
Kein Geschlecht im Pass
Um dem entgegenzuwirken, plädieren die Autoren dafür, eine Geschlechtszuweisung an einer weniger prominenten Stelle der Geburtsurkunde statt gleich an zweiter Position (hinter dem Namen des Neugeborenen) unterzubringen. Darüber hinaus soll - so das amerikanische Magazin National Review –nach dem Willen der Verfasser das Geschlecht von wichtigen Dokumenten wie Pässen entfernt werden. Dies würde den Antragstellern eines Passes ermöglichen, „sich ohne medizinische Überprüfung mit ihrem Gender zu identifizieren“, wie es in dem Beitrag des New England Journal of Medicine heißt. „Die Regierungen könnten die Genderbezeichnungen auch völlig aus dem Personalausweis entfernen und sich mehr auf erkennbare körperliche Merkmale und aktualisierte Fotos fokussieren“, so die Forderung.
Ideologische Empfehlung
Der National Review kommentiert das Ansinnen wie folgt: „Artikel wie dieser haben in der Transgender-Debatte sicher ihren Platz. Doch wenn sie in dem einflussreichsten medizinischen Fachmagazin der Welt erscheinen, stellt dies die Qualifikation der Verleger infrage, medizinische Aufsätze für eine Veröffentlichung objektiv auszusuchen“. Die Publikation von „ideologischen Empfehlungen“ in einer Fachzeitschrift, „die in erster Linie objektive wissenschaftliche Informationen veröffentlicht, trägt zu einem wachsenden Misstrauen der Öffentlichkeit im Wissenschaftsbereich bei. Insbesondere hilft es nicht den Menschen mit einer Genderdysphorie“. DT/ks
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