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Präsenzgottesdienste zu Weihnachten? So viel Religionsausübung muss sein

Präsenzgottesdienste in der Weihnachtszeit abzusagen zeugt nicht von höherem Verantwortungsbewusstsein, sondern von einer Mutlosigkeit, die fehl am Platze ist, meint der Bonner Staatsrechtler Christian Hillgruber in einem Gastkommentar.
Nummerierter Platz in einer Kirchenbank im Freiburger Münster
Foto: Imago Images | Nummerierter Platz im Freiburger Münster: Nur nach Voranmeldung und nur mit eingeschränkter Besucherzahl und mit unter strengen Hygienevorschriften sind Gottesdienste an Weihnachten in Planung.

Nicht wenige kirchliche Gemeinden haben wegen der Corona-Pandemie kurzfristig Präsenzgottesdienste zu Weihnachten abgesagt; in einigen Landkreisen sind sie auch staatlicherseits verboten worden. Ist das nicht sinnvoll, verantwortungsvoll, ja notwendig? Nein, das ist es nicht. 

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Gottesdienste nicht mit größerer Ansteckungsgefahr

Ich darf Ihnen versichern: Ich zähle nicht zu den sogenannten Querdenkern und Leugnern des Corona-Virus (obwohl gegen "querdenken" an sich, so denn "Denken" dabei ist, nichts einzuwenden ist). Ich trage, wo notwendig, auch stets die Maske und halte Abstand. Das gebietet die Rücksicht auf meine Mitmenschen.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass es bei Gottesdiensten, bei denen die bewährten Abstands- und Hygienevorschriften eingehalten werden, zudem nicht gesungen wird, zu Ansteckungen gekommen ist. Eine absolute Sicherheit gibt es hier wie überall nicht. Aber deshalb Präsenzgottesdienste in der Weihnachtszeit abzusagen zeugt nicht von höherem Verantwortungsbewusstsein, sondern von einer Mutlosigkeit, die fehl am Platze ist.

Vertrauen auf Gottes Gegenwart und Hilfe

Was wir brauchen, ist Vertrauen auf Gottes Gegenwart und Hilfe, die uns vor Leichtsinn auf der einen Seite und Überängstlichkeit auf der anderen Seite bewahrt. Ein gottesfürchtiger Glaube, so hat es Martin Luther einmal formuliert, ist nicht tollkühn, denn er versucht Gott nicht; er ist aber auch nicht verzagt und furchtsam.

Online-Formate sind nun wirklich kein Ersatz für die real erlebte Gemeinschaft in Christus, weder für die Alten, für die der Gottesdienstbesuch in ihren Gemeinden, zumal zu Weihnachten, einen ganz wichtigen Fixpunkt ihres Lebens darstellt noch für die Jüngeren, die sich gegenwärtig ohnehin von einem Zoom-Meeting zum nächsten hangeln, was längst zu Erschöpfung und Überdruss geführt hat. Gerade in dieser Lage muss Kirche präsent sein, real und nicht nur virtuell.

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