Nach den Angriffen einer schwarzen niederländischen Journalistin surinamischer Abstammung auf Marieke Lucas Reineveld erklärt diese, keine schwarzen Autoren mehr zu übersetzen. Die Journalistin hatte, dem Magazin Causeur zufolge, in einem Artikel der linken Zeitung „De Volkskrant“ behauptet, „dass eine weiße Person nicht die Not eines unterdrückten Volkes wie der amerikanischen Schwarzen empfinden könne“. Sie habe stattdessen eine Handvoll „afroniederländischer“ Künstler empfohlen, die ihrer Meinung nach besser geeignet seien, um Gedichte wie das von Amanda Gorman bei der Amtseinführung Bidens vorgetragene „The Hill we Climb“ zu übersetzen.
Autorin zeigt Verständnis für Ächtung
Reineveld habe sich gegen diesen „anti-weißen Rassismus“ ihr gegenüber jedoch nicht verteidigt. Im Gegenteil: „In einem Tweet, in dem sie volles Verständnis für diejenige äußerte, von der sie geächtet worden war, katzbuckelte sie. Sie beteuerte darin sogar, diejenigen zu verstehen, ‚die sich von der Entscheidung ihres Verlagshauses verletzt fühlen‘. Damit meinte sie die Entscheidung, sie die vom Kampf der Schwarzen geprägte Lyrik von Amanda Gorman übersetzen zu lassen“.
Der niederländische Herausgeber Meulenhoff habe sich, so Causeur, mit dem Rückzug seiner Starautorin nur widerwillig abgefunden: „Er wies darauf hin, dass Amanda Gorman die Wahl der Übersetzerin selbst begrüßt hatte, nachdem sie eines ihrer Bücher in englischer Übersetzung gelesen hatte – ein Detail, das die schwarze Journalistin zu erwähnen unterlassen hatte. Falls der Verleger bei seiner Entscheidung bliebe, sei er versichert, dass sich ‚Sensibilitätsleser‘ mit der Übersetzungsarbeit befassten, um darauf zu achten, dass die Übersetzerin das poetisch Korrekte respektiert“.
Niederländer beklagen "umgekehrten" Rassismus
Die Reue der medial sehr präsenten Marieke Lucas Reineveld, „die auch heute noch mit 29 Jahren im Zweifel ist, ob sie sich als Mädchen oder Junge bezeichnen soll“ und deren ins Englische übersetzte erste Roman im vergangenen Jahr den renommierten „Booker International Prize“ erhielt, habe „die Wut der Niederländer entfesselt, die bestrebt sind, die Cancel Culture US-amerikanischer Provenienz zu vermeiden“. Ihnen zufolge sei dieser „umgekehrte“ Rassismus gegen die Autorin Teil „einer aggressiven Kampagne von Niederländern mit Migrationshintergrund, die insbesondere den ehemaligen Kolonien wie Surinam oder den Antillen entstammen“.
Was würde man wohl sagen, fragt der Causeur, „wenn ein weißer niederländischer Schriftsteller es ablehnte, dass sich ein schwarzer Übersetzer mit seinem Werk befasse und dabei geltend mache, dass nur ein waschechter Bataver [westgermanischer Volksstamm, der sich um 50 v. Chr. an der Einmündung ansiedelte] die Feinheiten erfassen könne?“ DT/ ks
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