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PID: Union stoppt Spahn

Union will die Präimplantationsdiagnostik „restriktiv“ handhaben und nicht „weiter aufweichen“. Gesundheitsminister Spahn hatte einen anderen Plan. Von Stefan Rehder

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Dämpfer verpasst. Nach Informationen der „Tagespost“ wandte sich die Unionsfraktion auf ihrer Sitzung am Dienstag gegen Pläne Spahns, der die Durchführung der ethisch umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) zu einer Regelleistung der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) machen wollte (DT v. 24.1., S. 25). Wie Teilnehmer der Sitzung gegenüber dieser Zeitung übereinstimmend berichteten, wurde dabei sowohl Kritik an dem Vorhaben als solchem als auch an dem von Spahn dabei beschrittenen Weg artikuliert. Der Gesundheitsminister hatte beabsichtigt, die Kosten für die Durchführung der PID der Solidargemeinschaft der Versicherten mittels eines Änderungsantrags zum „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ (TSVG) aufzubürden. Und das erst, nachdem dieses vom Parlament in Erster Lesung beraten worden war. Ein Schachzug, den der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Hubert Hüppe, im Gespräch mit dieser Zeitung als „miesen Trick“ bezeichnet hatte.

Bei der PID werden künstlich erzeugte Embryonen einem Gen-Check unterzogen. Ziel ist es, nur solche Embryonen in die Gebärmutter einer Frau zu übertragen, die keine genetischen Auffälligkeiten besitzen. Embryonen, bei denen solche Auffälligkeiten diagnostiziert werden, werden vernichtet.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger sagte auf Anfrage der „Tagespost“, die Unionsfraktion habe sich dafür ausgesprochen, die ethisch umstrittene PID auch künftig „restriktiv zu handhaben und nicht aufzuweichen“. Deutlich gemacht worden sei auch, dass eine Frage von einer derartigen Brisanz nicht im Rahmen des TSVG gesetzlich geregelt werden könne. „Wenn überhaupt, dann muss man das transparent angehen, kritisch und breit diskutieren“, so Pilsinger. Der Arzt und praktizierende Katholik, der den Münchner Westen in Berlin vertritt, erinnerte daran, dass bei der Debatte um die begrenzte Zulassung der PID von bundesweit maximal 200 Paaren pro Jahr die Rede gewesen sei, die eine solche Untersuchung in Anspruch nehmen würden. Inzwischen wisse man jedoch, „dass allein in Bayern mehr als 200 Paare eine PID durchführen lassen“. Laut dem Bayerischen Gesundheitsministerium wurden bei der zuständigen Ethikkommission 2018 bayernweit insgesamt 247 Anträge auf Durchführung einer PID gestellt. Das sind fast 63 Prozent mehr als im Jahr davor (2017: 155). Von diesen befürwortete die Kommission 218, nur 29 wurden abgelehnt.

Der CSU sei es wichtig zu betonen, dass „jedes Leben wertvoll ist“, so Pilsinger. Der CSU-Gesundheitspolitiker erwartet, dass „wir das auch bei der geplanten Orientierungsdebatte zu den nicht-invasiven Gentests zum Ausdruck bringen werden“. Bei diesen Gentests kann im Blut der Schwangeren nach Anzeichen für eine Trisomie des ungeborenen Kindes gefahndet werden, so etwa nach einer Trisomie 21 (Down-Syndrom). In der Mehrzahl der Fälle werden Kinder, deren Eltern eine solche Diagnose erhalten, abgetrieben.

Wie in dieser Zeitung bereits berichtet, prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Rahmen eines Methodenbewertungsverfahrens derzeit die Aufnahme der Gentests in den GKV-Leistungskatalog. Bislang stellen die Tests eine „individuelle Gesundheitsleistung“ (IGeL) dar, die von den Paaren selbst zu bezahlen sind. Der Abschluss des Verfahrens, das das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen im August 2016 angestrengt hatte, wird in Laufe des Sommers erwartet. Lebensrechtler betrachten die Ausweitung der PID und die drohende Aufnahme der nicht-invasiven Bluttests in den Leistungskatalog der GKV als „Schritte auf dem Weg zu einer neuen Eugenik“.

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