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Neue Plattform erwartet

Auf der jetzt verbotenen linksextremen Seite „linksunten.indymedia“ war auch gegen Lebenschützer gehetzt worden. Die glauben allerdings nicht, dass das Problem verschwindet. Von Sebastian Sasse
Abtreibungsgegner demonstrieren
Foto: dpa | Störer von links: Die Berliner Polizei führt im letzten Jahr einen Gegner des Marsches für das Leben ab.

Lebensschützer sind skeptisch, dass das Verbot der linksextremistischen Internet-Plattform „linksunten.indymedia“ durch den Bundesinnenminister am vergangenen Freitag die autonome Szene dauerhaft schwächt. „Eine linksextremistische Plattform ist verboten worden. Aber die Menschen, die sie betrieben haben und ihre Ideologie sind ja nicht plötzlich verschwunden“, meint Gerhard Steier, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Lebensrecht, gegenüber dieser Zeitung. „Linksunten.indymedia“ war als zentrale Kommunikationsplattform im Organisationsnetz der linksextremistischen Szene ein wichtiger Knotenpunkt, auch die Aktionen gegen die Lebensschützer wurden hier teilweise geplant. Der Berliner „Marsch für das Leben“, den Steiers Verband organisiert, ist in den letzten Jahren immer wieder Ziel autonomer Störaktionen geworden. Teilweise in äußerst aggressiver Form. 2015 und 2016 wurde etwa versucht, den Marsch durch Blockaden zu stoppen. „Im letzten Jahr hatten wir einen Stand vor dem Reichstag aufgebaut. Innerhalb von zwei Stunden ist er siebenmal zerstört worden. Er wurde einfach umgeworfen, sie haben mit ihren Füßen auf dem Stand herumgetrampelt oder sind mit Fahrrädern darübergefahren“, erinnert sich Steier. Er befürchtet, dass am 16. September, wenn der diesjährige Marsch in Berlin stattfindet, sich solche Ausschreitungen wiederholen werden. „Es werden sich jetzt einfach neue Plattformen bilden“, so Steiers Prognose.

Seit Jahren ist das jetzt verbotene Portal zur Verbreitung von Beiträgen mit strafbaren und verfassungsfeindlichen Inhalten genutzt worden, wie das Bundesinnenministerium mitteilt. So wurde dort etwa zu Gewalttaten gegen Polizeibeamte und politische Gegner aufgerufen. Auch im Zusammenhang mit den Ausschreitungen während des G20-Gipfels in Hamburg ist dort für Gewalttaten mobilisiert worden. Selbst Anleitungen zum Bau von Brandsätzen und Molotow-Cocktails konnte man dort finden. Die Betreiber seien dazu verpflichtet gewesen, solche strafbaren Inhalte zu entfernen, betont das Innenministerium. Doch es gibt auch Kritik am Verbot: Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ will, auch wenn Gewaltaufrufe natürlich abzulehnen seien, eine Einschränkung der Pressefreiheit erkennen. Von Seiten der Polizei sind ebenfalls Bedenken geäußert worden, freilich aus anderen Gründen: Der Vorsitzende des Hamburger Landesverbandes des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Jan Reinecke, hat in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe erklärt, dass die Plattform auch für die Polizei eine wichtige Quelle gewesen sei, um sich über Entwicklungen in der Szene zu informieren. Mittlerweile haben Unbekannte angekündigt, die Plattform weiterzuführen, vermutlich von einem Server im Ausland. Das Bundeskriminalamt rechnet nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ nach dem Verbot mit Vergeltungsaktionen linksextremer Gruppen.

Am Samstag fand in Berlin derweil eine Solidaritätsdemonstration für die Plattform statt, an der auch die Grünen-Politikern Canan Bayram teilnahm. Sie will in der Hauptstadt als Nachfolgerin Hans-Christian Ströbeles als Direktkandidatin in den Bundestag einziehen. Diese Solidarität einer demokratischen Politikerin ist in gewisser Weise symptomatisch für den öffentlichen Umgang mit Linksextremismus. Gerhard Steier hat bei den Auseinandersetzungen rund um den „Marsch für das Leben“ ähnliche Erfahrungen gemacht. Seiner Einschätzung nach existiere eine Strategie, die autonome Gewalt legitimieren und als Kampf gegen vermeintlichen Rechtsextremismus umdeuten wolle. „Uns Lebensschützern wird unterstellt, wir seien Teil der Neuen Rechten, wir werden einfach mit der ,Identitären Bewegung‘ oder Pegida gleichgesetzt.“ Dass diese Strategie aufgehe, zeige sich auch am „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“, das alljährlich die Gegendemonstrationen zum Marsch organisiert und unter anderem von den Berliner Landesverbänden der Grünen und der Linken unterstützt wird. In einer Erklärung des Bündnisses wird etwa eine Nähe zwischen den Organisatoren des Marsches und der AfD suggeriert.

Steier ist davon überzeugt, dass diese Strategie den Lebensschutz-Gegnern auch dazu diene, ihre eigene ideologische Zielsetzung zu verschleiern. „Sie haben das Ziel, Sexualität und Fortpflanzung vollständig voneinander zu entkoppeln.“ Darüber werde man auch künftig informieren und dabei auf argumentative Aufklärung setzen. „Es ist klar, hier stehen sich zwei Blöcke gegenüber, zwischen denen es inhaltlich keine Kompromisse geben kann. Wir Lebensschützer sind aber Christen, wir werden unsere friedliche Haltung beibehalten und uns nicht provozieren lassen.“

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