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Mord an französischer Polizistin: Kollateralschaden der gescheiterten Einwanderungspolitik?

Der Mord an einer Polizistin in Rambouillet erregt die französische Öffentlichkeit. Der Mörder, ein tunesischer Staatsangehöriger, war seit Dezember 2020 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Im Figaro erläutert der Generaldelegierte des Institut pour la Justice, warum Frankreich seine Migrationspolitik überarbeiten müsse.
Angreifer tötet Frau mit Messer auf Polizeiwache in Frankreich
Foto: Michel Euler (AP) | Französische Polizisten blockieren den Zugang zu einer Polizeistation. Nach der mutmaßlichen Terrorattacke auf eine Polizeimitarbeiterin suchen Ermittler nach möglichen Hintermännern des Tatverdächtigen.

Pierre-Marie Sève ist Generaldelegierter der französischen Denkfabrik „Institut pour la Justice“, die sich für die Opfer von Verbrechen einsetzt. In der französischen Tageszeitung "Le Figaro" plädiert er für eine Neuausrichtung der Einwanderungspolitik seines Landes. Anlass ist der Mord an einer Polizeimitarbeiterin im Polizeirevier von Rambouillet unweit von Paris. Der 36-jährige islamistisch radikalisierte Täter war am 23. April in das Polizeirevier von Rambouillet eingedrungen und hatte einer Polizeimitarbeiterin mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde.

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Eine individuelle und kollektive Tragödie

Dieses Attentat sei zunächst eine „individuelle Tragödie“, schreibt Sève. Eine Polizeibeamtin und 49-jährige Mutter von zwei Töchtern, 13 und 18 Jahre alt, wurde ermordet: „Diese beiden jungen Mädchen haben ihre Mutter verloren“. Sodann müsse man aber auch die Augen öffnen im Hinblick auf die „kollektive Tragödie, die dieses Attentat offenbart. Natürlich ist dieses Attentat ein islamistisches und terroristisches, doch vor allem ist es einer der vielen Kollateralschäden des Scheiterns der Einwanderung nach Frankreich seit 40 Jahren“.

So war der mutmaßliche Terrorist Djamel G. Tunesier. Er sei 2009 illegal nach Frankreich eingereist. So habe er sich fast zehn Jahre lang illegal im Land aufgehalten, „ohne dass sich die Verwaltung jemals darum gekümmert hat. Ende 2019 hat er von der Präfektur schließlich eine rechtliche Anerkennung erhalten, die illegalen Arbeitskräften bewilligt wird, wenn sie mehr als drei Jahre im Land ansässig sind“. 

Zusammenhang zwischen Kriminalität und Immigration?

Dass dieses Attentat „einmal mehr von einem Ausländer verübt wurde, der illegal nach Frankreich gekommen ist, stellt die umfassendere Frage nach dem Zusammenhang zwischen Kriminalität und Immigration. Dieser Zusammenhang ist heute nicht mehr umstritten. Die Statistiken beweisen tatsächlich, dass es – auch wenn nicht alle Migranten Straftäter oder Terroristen sind – für sie weitaus wahrscheinlicher als für die autochthone Bevölkerung ist, zu Straftätern zu werden“. Die Migranten und Ausländer unter den Terroristen seien „deutlich überrepräsentiert. Von den 42 Terroristen nach den Attentaten auf Charlie Hebdo hatten nur vier keinen Migrationshintergrund“.

Ausländer seien zudem „in allen Verbrechens- oder Vergehenskategorien überrepräsentiert. Obwohl 7,4 % der Bevölkerung Ausländer sind, machen sie 24 % der Gefängnisinsassen, 17 % der Mörder, 30 % der Diebe etc. aus“.

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Zuwanderung aus familiären Gründen problematisch

Für problematisch hält Sève die Zuwanderung aus familiären Gründen, also durch Familienzusammenführungen und durch Eheschließungen. Diese Zuwanderung stelle damit „45 % der Gründe für die Einreise nach Frankreich dar“. Eine Zahl, die sich noch weiter erhöhen dürfte, da „die Familienzusammenführung im Jahr 2018 durch die Regierung von Édouard Philippe sogar noch erweitert wurde, die sie für die Geschwister der Ausländer geöffnet hat“. Die illegale Einwanderung habe wie die Familienzusammenführung die einstige Wirtschaftsimmigration abgelöst.

Der Politiker Patrick Stefanini schätze die Anzahl der illegalen Ausländer in Frankreich auf etwas mehr als eine Million, eine Zahl, die, wie Sève meint, noch in dem Maße zunehme, wie sie erleichtert werde: „So hat die Regierung 2012 eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt und das Vergehen des illegalen Aufenthaltes abgeschafft. Djamel G., der ohne Visum nach Frankreich eingereist ist, konnte daher aus dem einfachen Grund, sich in einer illegalen Lage zu befinden, nicht verhaftet werden. Wir sind schließlich nicht so weit entfernt von der massiven gesetzlichen Anerkennung aller illegalen Einwanderer, wie sie von den Parteien der extremen Linken gefordert wird“.

Neue Migrationspolitik in mehreren Schritten

Daher müsse, so mahnt Sève an, eine neue Migrationspolitik in mehreren Schritten gestaltet werden. Die erste Etappe bestehe darin, „die Richter in ihre Schranken zu verweisen, die sich erlaubt haben, anstelle der gewählten Volksvertreter die Politik Frankreichs zu machen“. Denn solange die Richter „Herr der französischen Einwanderungspolitik bleiben, wird es vollkommen illusorisch sein, die Migrationspolitik wieder zu übernehmen“. Außerdem, so fordert Sève, müsse die Regierung „die Möglichkeit zur Familienzusammenführung abschaffen. Sie muss zudem die Anzahl der Aufenthaltstitel ausländischer Studenten und ausländischer Ehegatten der Franzosen äußerst stark einschränken. Sodann muss sie das Asylrecht reformieren, um mehr Macht der Verwaltung zu geben als den Richtern, wie es derzeit noch der Fall ist“. Darüber hinaus müsse zugleich die Strafrechtspolitik in hohem Maße gestärkt werden, „damit die in Frankreich bleibenden Einwanderer nicht in den Teufelskreis Kriminalität-Viktimisierung verfallen und sich bestmöglich in die Nationalgemeinschaft integrieren“.  DT/ks

Weitere Hintergründe lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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