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Morales wendet sich an „Bruder Papst Franziskus“

Boliviens Ex-Präsident Evo Morales fordert die Einrichtung einer Wahrheitskommission zur Überprüfung der Wahlergebnisse, zu der auch die katholische Kirche gehören soll. Der mexikanische Kardinal Ortega indes kritisiert sein Land für die Aufnahme Morales'.
Boliviens Ex-Präsident Morales will Hilfe von der Kirche
Foto: Jair Cabrera Torres (dpa) | Morales beharrt darauf, immer noch geschäftsführend im Amt zu sein, da das Parlament sein Rücktrittsgesuch nicht angenommen hat.

Der ehemalige Präsident Boliviens, Evo Morales, hat auf einer Pressekonferenz eine Überprüfung der Stimmenauszählung der letzten Präsidentschaftswahlen gefordert. Dazu soll eine Wahrheitskommission ins Leben gerufen werden, die das Ergebnis der Wahlen vom 20. Oktober untersuchen soll. Morales wünschte dabei eine Unterstützung durch internationale Organisationen, namentlich der Vereinten Nationen und der katholischen Kirche und sprach explizit von „Bruder Papst Franziskus“. Morales betonte, dass er die Wahlen im ersten Wahlgang gewonnen habe.

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Morales soll Blockade mehrerer Städte befohlen haben

Für Zündstoff sorgen zudem Audio-Aufnahmen eines Telefonats, die kürzlich aufgetaucht sind. Demnach befahl Morales noch aus dem mexikanischen Exil heraus die Blockade verschiedener Städte in Bolivien, um die dortige Lebensmittelversorgung zu kappen. Das Land ist nach dem Rücktritt von Morales und anderer Regierungsmitglieder ohne gewählte Regierung. Morales beharrt darauf, immer noch geschäftsführend im Amt zu sein, da das Parlament sein Rücktrittsgesuch nicht angenommen hat.

Derzeit fungiert die Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez Chávez, als Übergangspräsidentin, um Neuwahlen vorzubereiten. Auch Russland, das ein enger strategischer Verbündeter Boliviens ist, hat Áñez als Staatsoberhaupt pro tempore anerkannt. Áñez gilt als konservativ und christlich. Morales hatte während seiner Amtszeit den Katholizismus als de-facto Staatsreligion abgeschafft.

Kardinal Ortega überrascht, dass Morales in Mexiko Asyl erhält

Der mexikanische Kardinal Jose Francisco Robles Ortega kritisierte indes die Aufnahme von Morales in Mexiko. Es handele sich hierbei um ein „sehr verwirrendes Signal“. Er persönlich wie auch ein großer Teil der Gesellschaft habe die Entwicklung als überraschend empfunden. Der Erzbischof von Guadalajara betonte, dass es wertvoll sei, dass Leben einer Person zu schützen, wandte jedoch ein, dass es fraglich sei, ob die Art und Weise der Aufnahme von Morales für den weiteren politischen Prozess in Bolivien dienlich sei.

America Rangel, Stadtabgeordnete von Mexiko-Stadt, forderte indessen, Morales wegen seines undemokratischen Verhaltens zur unerwünschten Person zu erklären. Sie kritisierte außerdem, dass mexikanische Steuermittel für seine Unterbringung verwendet würden. Mexikos amtierender Präsident Andrés Manuel López Obrador ist den lateinamerikanischen Linken zuzuordnen.

Heftige Proteste wegen Manipulationsvorwürfen

Die bolivianischen Präsidentschaftswahlen hatten wegen Manipulationsvorwürfen zu heftigen Protesten geführt. Morales, der seit 2006 als Staatsoberhaupt das Land führte, erzielte mit rund 47 Prozent genügend Wahlstimmen, um ohne Stichwahlen wiedergewählt zu werden. Die Opposition erkannte den Sieg nicht an. Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) empfahl, die Wahl wegen Unregelmäßigkeiten zu annullieren. Morales befahl dagegen, die rebellierenden Städte zu blockieren und einzukesseln.

Polizei- und Militärführung hatten sich am 10. November auf die Seite der Demonstranten gestellt und Morales‘ Rücktritt gefordert. Morales trat am selben Abend von seinem Amt zurück und begab sich tags darauf ins mexikanische Exil. Seit dem Ausbruch der Proteste gab es insgesamt 30 Tote.

DT/mga

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