„Leben und sterben lassen“ (Live and Let Die): Der Titel dieses James Bond-Films mit Roger Moore bringt die Mentalität unserer Zeit auf den Punkt. Die individualistische Gier nach Leben und stetig gesteigerter Lebensqualität steht in einem skurrilen Kontrast zu der Gleichgültigkeit, mit der wir dem Sterben der Anderen zusehen. Das eigene Leben muss ausgekostet, ausgepresst und verlängert werden, als gäbe es kein ewiges; das Sterben der Anderen wird in weite Ferne gerückt: in die Anonymität von Fernsehen und Internet, Krankenhaus und Palliativstation, Schlagzeile und Statistik. Wir könnten das als allzu menschlich abtun – steckt uns doch die Angst vor dem Tod seit jeher in den Knochen.
Leitartikel: Das Sterben der Anderen
Von Stephan Baier