Die Osterweiterung der Europäischen Union ist eine vergessene Erfolgsgeschichte. Sie hat zwar kein Paradies auf Erden geschaffen, was nach christlicher Überzeugung auch gar nicht in der Macht der Politik liegt. Sie hat jedoch Rechtsstaaten stabilisiert, Verelendung verhindert, Korruption eingedämmt und zu Gewalt neigende Nationalismen eingehegt. Die Lehre aus den EU-Erweiterungsrunden ab 2004 lautet: Es ist für ganz Europa besser und billiger, Stabilität zu exportieren als Instabilität zu importieren.
Der Annäherungsprozess wird helfen und stabilisieren
Die Entscheidung der 27 EU-Staaten, jetzt Beitrittsgespräche mit Mazedonien und Albanien aufzunehmen, folgt dieser Logik. Keine Angst: Beide Länder werden nicht jetzt und auch nicht in drei Jahren EU-Mitglieder sein. Sie wissen, dass sie sich auf eine lange Reise begeben, auf der ihre demokratische Rechtsstaatlichkeit permanent geprüft und gefördert wird. Allein der Annäherungsprozess wird ihnen helfen und sie stabilisieren.
Würde das vereinte Europa Albanien und Mazedonien im Stich lassen, wären zwei Entwicklungen voraussagbar: Erstens würde die latente Korruption ungebremst wuchern und irgendwann die Demokratie erwürgen. Zweitens würden sich drei außereuropäische Mächte hier breit machen, nämlich Russland, die Türkei und China. Jeder Balkan-Kenner weiß, dass Moskau seit Jahren über die orthodoxen Balkan-Slawen seine wirtschaftliche und politische Macht in Südosteuropa festigt, während Ankara dasselbe über die Balkan-Muslime versucht. China wiederum wendet sich mit seinem offensivem Staatskapitalismus an alle Käuflichen. Albanien und Mazedonien liegen in der Schnittmenge: Wenn die EU sie alleine lässt, reiben sich die Autokraten in Moskau, Ankara und Peking die Hände.
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