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Kommentar um "5 vor 12": Gerecht durch die „neue Normalität“

Was Politik und Gesellschaft jetzt beachten müssen.
Organspende: Wie Jens Spahn seine Widerspruchslösung begründet
Foto: Oliver Berg (dpa) | Jens Spahn erfährt viel Widerspruch für seine Idee eines Immunitätsausweises.

Die Ungeduld der Menschen wächst rapide. Und mit ihr der Druck auf die Politik, möglichst viel verloren gegangenes Leben in der nun „neuen Normalität“ zu ermöglichen. Nach sechs Wochen Lockdown ist das verständlich. Denn vielen Menschen steht das Wasser inzwischen bis zum Hals oder auch schon darüber, sei es wirtschaftlich oder auch „nur“ nervlich.

Nicht alles was verständlich ist, ist auch schon klug

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Das heißt freilich nicht, dass alles, was verständlich ist, deshalb auch schon eine gute Idee ist. Ein Beispiel: Die viel diskutierte Wiederaufnahme der Fußballbundesliga. Natürlich sind die Clubs, die ihren Angestellten Millionengehälter zahlen, auf Gelder aus den Fernseh-Übertragungsrechten angewiesen. Doch gilt das – analog – für viele andere Sportarten auch. Und bei einigen – etwa Tennis, Golf, Gewichtheben et cetera – lässt sich eine Übertragung des Virus deutlich zuverlässiger ausschließen, als bei Sportarten, bei denen körperbetonte Zweikämpfe zu den Spezifika gerechnet werden dürfen.

Fragen über Fragen türmen sich aber auch jenseits organisierter Interessengruppen auf. Müssen die Regeln der „neuen Normalität“ auch für jene gelten, die von einer COVID-19-Erkrankung wieder genesen sind? Anders gefragt: Muss zum Tragen eines Mundschutzes im öffentlichen Raum auch der verpflichtet werden, der bereits mit dem Virus infiziert war? Dürfen sich zwei von ihnen sich jetzt eine Parkbank teilen oder vier von ihnen gar gemeinsam ein Grillfest feiern?

Von Cicero und Thomas von Aquin lernen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat deshalb den Deutschen Ethikrat gebeten, die Idee eines Immunitätsausweises zu begutachten. Widerstand dagegen regt sich vor allem in der SPD. Die tut sich allerdings traditionell schwer mit der Einsicht, das Ungleiches gleich zu behandeln, keineswegs gerecht, sondern vielmehr ungerecht ist.

Nicht allen das Gleiche, sondern jedem das Seine, ist das Gebot der Stunde. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet eine Pandemie die Chance böte, zu Unrecht in Vergessenheit geratene Denker wie Cicero und Thomas von Aquin zu neuen Ehren kommen zu lassen?

 

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