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Kommentar um "5 vor 12": Dröhnendes Schweigen

Außenminister Heiko Maas und die Bundesregierung tauchen beim geplanten chinesischen „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong ab.
Proteste in Hongkong
Foto: Aidan Marzo (SOPA Images via ZUMA Wire) | Hongkong: Polizisten bewachen eine Straße. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften ging am Sonntag im Haupteinkaufsviertel von Causeway Bay mit Tränengas gegen Tausende Demonstranten vor.

Die Lage in Hongkong spitzt sich seit Tagen dramatisch zu. Peking nutzt die von China ausgehende Corona-Katastrophe noch perfide dazu aus, um mit einem „Sicherheitsgesetz“ die Demokratiebewegung in Hongkong endgültig zu zerschlagen. 

Der amerikanische Außenminister Michael Pompeo hat dazu eine geharnischte Stellungnahme abgegeben. Die USA verurteilten die Absicht Pekings, „einseitig und willkürlich nationale Sicherheitsgesetze über Hongkong zu verhängen“. Wenn die Gesetzgebungsverfahren von Hongkong und der Wille seiner Einwohner missachtet würden, wäre dies die „Totenglocke“ für das hohe Maß an Autonomie, das Peking in der sino-britischen Erklärung über den Status Hongkongs zugesichert habe, so der Außenminister. Die USA forderten Peking nachdrücklich auf, die „demokratischen Institutionen und bürgerlichen Freiheiten Hongkongs zu respektieren, die der Schlüssel zur Erhaltung seines Sonderstatus nach US-Recht sind“, erklärte Pompeo.

200 internationale Parlamentarier protestieren gegen Chinas Vorgehen

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Rund 200 internationale Parlamentarier unter Führung des letzten britischen Gouverneurs von Hongkong, Chris Patton, protestieren gegen das chinesische Vorgehen gegen die letzten Freiheiten der Hafenmetropole. Das sogenannte Sicherheitsgesetz ist längst ein Top-Thema in internationalen und deutschen Medien. Was sagen der deutsche Außenminister und die Bundesregierung dazu? Nichts. Es gibt bislang nur dröhnendes Schweigen in Berlin. 

Dabei haben auch Oppositionspolitiker wie der FDP-Vorsitzende Christian Lindner oder Katrin Göring-Eckhard und Margarete Bause von Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung öffentlich zu Stellungnahmen und zum Handeln aufgefordert. Bause erklärte:  „Die Bundesregierung muss umgehend handeln und sowohl im direkten Gespräch, als auch auf internationaler Ebene klar stellen, dass ein Bruch mit dem völkerrechtlich verbindlich vereinbarten Prinzip ,Ein Land, Zwei Systeme' nicht ohne Konsequenzen bleiben wird!" Göring-Eckhardt twitterte: „Die Bundesregierung darf im Umgang mit China nicht länger hasenfüßig sein. Heiko Maas sollte den chinesischen Botschafter einbestellen.“

Sinologe: Gesetzentwurf kriminalisiert explizit Ausländer

Der Berliner Sinologe David Missal schrieb in einem Offenen Brief an Außenminister Maas, das geplante Sicherheitsgesetz „ermöglicht der KPCh, dass ihre in Festlandchina gefürchtete Geheimpolizei nun auch legal in Hongkong agieren“ könne.  Der Gesetzentwurf kriminalisiere „explizit Ausländer; ihnen kann künftig vorgeworden werden, in Hongkong ,Separatismus-, Umsturz-, Infiltrations- und Sabotage-Aktivitäten`nachzugehen“. 

Auch Journalisten seien in Zukunft nicht mehr sicher, „wenn sie Kritik an der der KPCh äußern“, so Missal. Auch für Deutsche in Hongkong steige die Gefahr, Opfer von Verfolgungen zu werden. Missal forderte ebenfalls Maas auf, den chinesischen Botschafer einzubestellen und den für September geplanten China-Gipfel in Leipzig notfalls abzusagen.

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