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Kommentar um "5 vor 12": Der Raum des Sagbaren ist klar definiert

Warum die Lebensrechtsbewegung für das Urteil des Hamburger Landgerichts dankbar sein kann.
Urteil zu Klaus Günter Annen
Foto: Stefani Reynolds / CNP /MediaPunch via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Mit seinem Urteil hat das Hamburger Landgericht den Rahmen des Sagbaren unmissverständlich definiert. Im Bild: Ein Pro-Life-Aktivist mit einem Fötus-Modell in der US-Hauptstadt Washington.

Es ist nicht schwer, Klaus Günter Annen zu verstehen. Der Mann will schockieren. In Wort und Bild. Daher die Fotos, die die zerstückelten und zerrissenen Leichen abgetriebener Kinder zeigen. Daher der Vergleich vorgeburtlicher Kindstötungen mit dem Völkermord der Nazis an den Juden. Daher die Gegenüberstellung von KZ-Ärzten mit Abtreibung vornehmenden Medizinern wie Kristina Hänel.

Holocaust-Vergleich ist zum Scheitern verurteilt

Und doch ist ein Vergleich des Holocaust mit dem „Babycaust“, wie Annen die von ihm betriebene und vom Landgericht Hamburg nun in Teilen inkriminierte Internetseite taufte, zum Scheitern verurteilt. Sie lassen sich trotz der Gemeinsamkeit der millionenfachen Vernichtung wehrloser, unschuldiger Menschen nicht auf dieselbe Stufe stellen. Denn der Holocaust war ein generalstabsmäßig geplanter, zu einem Staatsziel erhobener und mit allen Mitteln, die der NS-Staat besaß, durchgeführter Völkermord. Und obgleich das wiedervereinigte Deutschland das Tötungsverbot mit der geltenden Abtreibungsgesetzgebung teilweise außer Kraft gesetzt und mit der Errichtung eines flächendeckenden Netzes von Abtreibungseinrichtungen sowie der Subventionierung vorgeburtlicher Kindstötungen mit Steuergeldern eine Infrastruktur geschaffen hat, die das Töten ungeborener Kinder erleichtert, so ordnet er doch bisher weder die Tötung von Kindern im Mutterleib an, noch lässt er sie durch seine Organe ausführen.

Hänel ist keine NS-Schergin

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Auch Kristina Hänel mag Vieles sein. Eine NS-Schergin ist sie nicht. Was sie auch künftig dulden muss, ist das jemand wie Annen dagegen aufbegehrt, dass vorgeburtliche Kindstötungen in Deutschland schmerzfrei geredet und zum Frauenrecht stilisiert werden sollen. Deshalb muss Hänel auch künftig Aussagen hinnehmen, wie die, dass Abtreibung ein „verabscheuungswürdiges Verbrechen“ (II. Vaticanum) ist und „Blut“ an „ihren Händen“ klebt. Mit seinem Urteil hat das Hamburger Landgericht den Rahmen des Sagbaren unmissverständlich definiert. Dafür darf auch die Lebensrechtsbewegung, der sich der Einzelkämpfer Annen nicht angeschlossen hat, für den sie aber zu Unrecht haftbar gemacht wird, dankbar sein.

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Stefan Rehder Frauenrechte Holocaust Juden Kindstötung Lebensrechtsbewegung

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