Dass Papst Franziskus für den heutigen Freitag einen „universalen Tag des Gebets und des Fastens“ ausgerufen hat, zeigt, wie wichtig der Vatikan die verzweifelte Lage im Libanon nimmt. Es war bei der Generalaudienz am vergangenen Mittwoch, als Franziskus im Anschluss an seine Mittwochskatechese einen ausgearbeiteten und ausführlichen Appell vortrug und zugleich ankündigte, dass er für den heutigen Tag seinen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, nach Beirut schicken werde.
„Dieses Erbe darf nicht verlorengehen“
Über hundert Jahre lang, so sagte der Papst, „war der Libanon ein Land der Hoffnung. Auch in den dunkelsten Stunden seiner Geschichte haben die Libanesen ihren Glauben an Gott bewahrt und die Fähigkeit bewiesen, dass sie aus ihrem Land einen Ort der Toleranz, des Respekts und des einzigartigen Zusammenlebens in einer Region machen können“. Es sei zutiefst wahr, dass der Libanon mehr als ein Staat sei, er sei, so Franziskus aus einem Schreiben von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1989 zitierend, „eine Botschaft der Freiheit, ein Beispiel des Pluralismus sowohl für den Orient wie für den Okzident“. Zum Wohl dieses Landes, sagte der Papst weiter, aber zum Wohl der Welt können wir uns nicht erlauben, „dass dieses Erbe verloren geht“.
Parolin führt Gespräche in Beirut
Mittlerweile hat Kardinalstaatssekretär bereits gestern Abend Vertreter der christlichen und muslimischen Gemeinschaften getroffen und in dem Wallfahrtsort Harissa einen Gottesdienst gefeiert. „Der Libanon ist nicht allein“, sagte Parolin bei einem Treffen mit Religionsvertretern in der maronitischen Georgs-Kathedrale. „Wir stehen still an Ihrer Seite, um Ihnen unsere Liebe zu bekunden.“ Der Libanon braucht die Welt, „doch die Welt braucht auch die einzigartige Erfahrung des Landes von Solidarität und Freiheit“. Wenn es nicht gelingt, den Libanon als einen Ort zu stabilisieren, an dem Christen, Muslime und Vertreter anderer Religionen in Frieden miteinander leben können, würde er zu einem Spiel der Fanatiker. Dann wäre aus der „Schweiz des Nahen Ostens“ ein zweites Syrien geworden. Wenn Papst Franziskus die ganze Weltkirche für einen Krisenherd beten und fasten lässt, dann weiß man, dass es wirklich fünf vor zwölf ist.
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