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Kein Kandidat schreibt sich mit „C“

Armin Laschet und Markus Söder bringen ein stärkeres christliches Profil mit als Robert Habeck oder Annalena Baerbock. Was heißt das? Ein Kommentar.
Klausurtagung Unionsfraktion
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Wie halten es die Kanzlerkandidaten mit der Religion? Zwischen den Anwärtern der Union und denen der Grünen tun sich erhebliche Unterschiede auf.

Der nächste Bundeskanzler wird Armin Laschet, Markus Söder, Annalena Baerbock oder Robert Habeck heißen. Wenn Christen eine Liste mit ihren politischen Wünschen formulieren würden, wäre diese wohl mit keinem Wahlprogramm dieser Aspiranten auf den Berliner Chefsessel zu hundert Prozent identisch – vom Lebensschutz und bioethischen Fragen über die Familienpolitik bis hin zum Schutz der Religionsfreiheit und dem Einsatz gegen Christenverfolgung. Aber vor allen konkreten politischen Forderungen steht gewissermaßen die Gretchenfrage: Wie halten es die Kandidaten mit der Religion überhaupt? 

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Robert Habecks Wortneuschöpfung des "säkularen Christen"

„Säkularer Christ“ - diese Begriffsneuschöpfung ist Robert Habeck zu verdanken. Der Philosoph unter den grünen Spitzenpolitikern will damit sagen, dass er zwar nicht an Gott glaube und auch keiner Kirche angehöre, aber die Werte des Christentums teile. Ganz ähnlich bei Annalena Baerbock: Sie sei zwar in der evangelischen Kirche, aber nicht gläubig. Ihr sei das Miteinander wichtig, daher trete sie nicht aus.

Da sehen die Prägungen bei Laschet und Söder schon anders aus: Der Aachener wurde in seiner Kirchengemeinde sozialisiert und auch politisiert – Laschets Biograph Tobias Blasius sagt über den Ministerpräsidenten: „Ohne die katholische Kirche würde es den Politiker Laschet nicht geben.“ Söder bekannte Ostern in der „Welt am Sonntag“,  welche Bedeutung das Gebet für ihn habe. Im letzten Jahr hatte der Franke auch die Schirmherrschaft über die Aktion „Deutschland betet“ übernommen.

Kirche als NGO mit folkloristischem Überbau

Bei Habeck und Baerbock erscheinen die Kirchen letztlich wie eine NGO mit liebenswertem, aber letztlich folkloristischem Überbau. Laschet wie Söder wurzeln hingegen auch spirituell im Christentum. Das macht die beiden Unionskandidaten freilich noch nicht zu christlichen Ideal-Politikern. Es heißt auch nicht, dass man ihren politischen Programmen einen Heiligenschein aufsetzen darf. Aber es gibt doch zumindest die begründete Hoffnung, dass sie in existenziellen Fragen – Werbeverbot für Abtreibungen, „Sterbehilfe“ - die Position der Kirchen vertreten werden. Auf den ersten Blick ist es nicht viel, den Status quo zu halten. Aber es ist besser als nichts.

Gewiss, die Unionsparteien mögen von ihrer Agenda nicht den maximalen Wünschen vieler christlicher Wähler entsprechen. Aber man darf nicht vergessen: Die Tatsache überhaupt, dass eine Partei, die das christliche Menschenbild im Zentrum ihres Programmes stehen hat, regierungsfähig ist, ist in Europa eher die Ausnahme. Dass heißt im Umkehrschluss nicht, dass für Christen automatisch gelten muss: Augen zu, CDU. Es ist aber auf die Sperrmajorität zu hoffen, mit der die letzte christdemokratische Volkspartei zumindest Entwicklungen verzögern, vielleicht sogar stoppen kann. Aktuell wird sich dies an der Debatte über die Suizidhilfe zeigen.  Dass eine Politik, die sich von „C“ inspiriert fühlt, letztlich nicht darin erschöpfen kann, immer nur die Bremse zu spielen, ist klar. Es wäre an der Zeit, auch einmal im Namen des „C“ auf das Gaspedal zu drücken. Man wird sehen, was die Bundestagswahl bringen wird. Doch allzu viel ist mit Blick auf so eine denkbare Offensive von der Union nicht zu erwarten.

Übrigens: Das ist so, egal ob Armin Laschet oder Markus Söder der Kanzlerkandidat wird. Bei Robert Habeck und Annalena Baerboch können Christen freilich noch nicht einmal Erwartungen erwarten.

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