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Hüppe: „Dieser Test dient fast ausschließlich der Selektion“

Internationaler Down-Syndrom-Tag: Der Widerstand gegen Kassenzulassung von Trisomie-Test wächst in weiten Teilen der Zivilgesellschaft.
Kinder mit Down-Syndrom
Foto: Marijan Murat (dpa) | Kritiker warnen: Mit der geplanten Kassenzulassung vorgeburtlicher genetischer Bluttests würden Fakten für eine breite vorgeburtliche Selektion von Kindern mit Behinderung geschaffen, ohne dass der Bundestag dies ...

Der Deutsche Bundestag solle „parlamentarisch verhindern“, dass vorgeburtliche genetische Bluttests in Zukunft von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Das fordert anlässlich des „Internationalen Downsyndrom-Tages“, der jedes Jahr am 21.3. begangen wird, der Stellvertretende Bundesvorsitzende der „Christdemokraten für das Leben“ (CDL), Hubert Hüppe.

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Test besitzt keinen gesundheitlichen Nutzen

„Dieser Test, der in erster Linie nach ungeborenen Kindern mit Downsyndrom fahndet, dient fast ausschließlich der Selektion. Ein gesundheitlicher Nutzen, der eine Finanzierung durch die Versichertengemeinschaft rechtfertigen würde, ist weder für die schwangere Frau noch für das ungeborene Kind vorhanden“, erklärte der CDU-Politiker und ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen in einer Pressemitteilung.

Nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dem obersten Beschlussgremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, sollen die Krankenkassen die Tests künftig in bestimmten Fällen finanzieren. Voraussetzungen seien das Vorliegen einer Schwangerschaft mit besonderen Risiken und eine intensive ärztliche Beratung unter Verwendung einer Versicherteninformation.

Kein sicheres Diagnoseverfahren

Nach Ansicht Hüppes habe der G-BA die Voraussetzungen für die Finanzierung der Tests jedoch so weit gefasst, dass sie in der Praxis gar nicht nur bei Risikoschwangerschaften zum Einsatz kämen, sondern zu einer gängigen Reihenuntersuchung würden. Scharfe Kritik übte der CDU-Politiker auch an der vom Bundesausschuss erstellten Versicherteninformation. Sie sei so gestaltet worden, dass sie wie eine Empfehlung für die Bluttests wirkten. Dabei seien die Tests gar keine sicheren Diagnoseverfahren.

Anfang Februar hatte sich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis in einem „Offenen Brief“ an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Professor Josef Hecken, gewandt und ihn aufgefordert, den ersten vorgeburtlichen Bluttest auf eine Behinderung zurückzustellen. Wie es in dem „Offenen Brief“ heißt, produziere der von verschiedenen Herstellern angebotene Tests hohe Raten falsch-positiver Ergebnisse. 

Falsch-positiv Ergebnisse von rund 40 und 80 Prozent bei Trisomie 21 und 18

Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Dabei kommt es – insbesondere bei jüngeren Frauen und bei den Trisomien 13 und 18 – statistisch zwingend zu einer hohen Anzahl falsch-positiver Testergebnisse. Bei einer 30jährigen Schwangeren beispielsweise liegt die statistische Wahrscheinlichkeit bei fast 40 Prozent, dass ein auffälliges Testergebnis für eine Trisomie 21 falsch ist und das Kind gar keine Trisomie 21 hat. Bei einem auffälligen Testergebnis zu Trisomie 18 hat sie sogar eine statistische Wahrscheinlichkeit von nahezu 80 Prozent, dass das Ergebnis nicht korrekt ist.“

Daher würde der Test die Schwangerschaftsvorsorge nicht verbessern. Stattdessen sei er geeignet, bei vielen Schwangeren große Beunruhigung hervorrufen. Zudem sei in dem absehbaren Beschluss keine wirksame Eingrenzung des kassenfinanzierten Tests auf spezifische Risikoschwangerschaften vorgesehen. Vielmehr mache die vorgesehene Indikation den Test für fast jede Schwangere auf Kassenleistung zugänglich.

Vorgeburtliche Selektion von Menschen mit Behinderungen

Entgegen den Äußerungen von Politikern aller im Deutschen Bundestag vertreten Fraktionen, würde dies im Ergebnis zu einem weitreichenden vorgeburtlichen Screening von Kindern auf Trisomien führen. Mit der geplanten Kassenzulassung würden Fakten für eine breite vorgeburtliche Selektion von Kindern mit Behinderung geschaffen, ohne dass der Bundestag dies politisch diskutiert und entschieden hätte.

Zu den Unterzeichnern des „Offenen Briefes“ gehören neben vielen anderen die „Bundesvereinigung Lebenshilfe“, der „Bundesverband der evangelischen Behindertenhilfe“, der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen, das „Gen-ethische Netzwerk“, zahlreiche Elternvereine sowie in der Medizinethik und Pränatalmedizin tätige Ärzte und Wissenschaftler.

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