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"First Things": Bidens Glaube spielt keine Rolle in der Politik

Sollte Joe Biden die Präsidentschaftswahl gewinnen, wäre er nach John F. Kennedy der zweite katholische US-Präsident. Das US-Magazin First Things analysiert, welchen Einfluss Bidens Glaube auf seine Amtsführung hätte.
Joe Biden und der katholische Glaube
Foto: Julio Cortez (AP) | Ein großer Teil Bidens öffentlichen Lebens, wie es durch seine politischen Positionen zum Ausdruck komme, stehe ausdrücklich im Widerspruch zum katholischen Glauben, meint das US-Magazin "First Things".

Im Wahlkampf ist der Glaube des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden immer wieder Thema. So twitterte die politische Gruppe „The Lincoln Project“ im August: „Joe Biden ist ein frommer Katholik und besucht regelmäßig den Sonntagsgottesdienst“. Er trage „einen Rosenkranz in seiner Hosentasche, besucht jeden Sonntag die Messe und ist als äußerst fromm bekannt“, fügte der Hörfunksender National Public Radio hinzu und schwärmte davon, dass sein Wahlkampf seit Jimmy Carter im Jahr 1976 „wohl der unverhohlen frömmste“ sei. Diese Lobreden seien beispielhaft dafür, „wie Bidens Glauben von seinen religiös unmusikalischen Unterstützern aufgenommen wird“, kommentiert das US-Magazin „First Things“.

Positionen im Widerspruch zur katholischen Lehre

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„Bidens bedingungslosesten politischen Positionen widersprechen der unumstößlichen katholischen Lehre, die für sein politisches Leben irrelevant zu sein scheint“, konstatiert „First Things“. Denn trotz seines „frommen“ katholischen Glaubens ist Biden beispielsweise „ein enthusiastischer Befürworter der Abtreibung auf Wunsch. Er hat seine Unterstützung von großzügigen Gesetzen zur Absicherung der Abtreibung deutlich artikuliert“, wozu auch die Verabschiedung von gesetzlichen Vorschriften gehört, die die Grundsatzentscheidung „Roe v. Wade“ zur Freigabe von Abtreibungen bundesweit, also in allen Bundesstaaten der USA, installieren sollen. Zudem tritt er für die Umsetzung von Rechtsvorschriften ein, die eine Bundesfinanzierung von Planned Parenthood sicherstellen sollen. Dies werde, so das Magazin, „den Weg zu einer Finanzierung der Abtreibung durch den Bund bereiten, weil – wie Biden im April erklärte – ‚Abtreibung eine Leistung des Gesundheitswesens‘“ sei.

Bidens breite Unterstützung der gleichgeschlechtlichen Ehe mache ihn laut einem Aktivisten zum größten Gleichstellungsbefürworter unter den Präsidenten, die es jemals gab. Die Verabschiedung des sogenannten „Equality Act“, der "First Things" zufolge negative Auswirkungen auf die Bürgerrechte von Mädchen und Frauen und die Religionsfreiheit von Katholiken hätte, sei nach eigener Aussage Bidens „bei der Gesetzgebung seine Top-Priorität“. Darüber hinaus amtierte Biden bei einer gleichgeschlechtlichen „Eheschließung“, die „nicht nur der katholischen Moraltheologie widerspricht, sondern nach der katholischen Lehre unmöglich ist“, betont das Magazin.

Katholische Lehre prägt sein politisches Leben nicht

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Schon heute verfahre Biden nach dem Muster Kennedys, „der ausdrücklich jeglichen Autoritätsanspruch der katholischen Lehre auf sein moralisches und politisches Leben zurückwies“, heißt es weiter. Kennedys berühmte Rede aus dem Jahr 1960 sei der Fahrplan für Bidens Wahlkampf und seinen auf Anpassung ausgerichteten Glauben. Kennedy erklärte damals: „Ich glaube an ein Amerika, in dem es eine absolute Trennung von Kirche und Staat gibt“, in dem „kein katholischer Prälat dem Präsidenten (sollte er katholisch sein) sagt, wie er zu handeln habe“.

Kennedy stellte fest, dass er nicht „der katholische Präsidentschaftskandidat“ gewesen sei, sondern vielmehr „der Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, der zufällig auch katholisch ist“. Und er stellte klar: „Ich spreche über öffentliche Belange nicht für meine Kirche, und die Kirche spricht nicht für mich“. Dementsprechend wurden seine politischen Positionen „über Geburtenkontrolle, Scheidung oder ein sonstiges Thema“ von der Politik der Demokratischen Partei diktiert, und nicht von der Lehre der Kirche.

Joe Biden ist katholisch, schreibt "First Things". Seine Taufe könne nicht mehr rückgängig gemacht werden. „Und weder ich noch irgendjemand anders hat die Befugnis, über seine persönliche religiöse Hingabe zu urteilen. Doch ein großer Teil seines öffentlichen Lebens, wie es durch seine politischen Positionen zum Ausdruck kommt, steht ausdrücklich im Widerspruch zu diesem Glauben und kann mit diesem nicht in Einklang gebracht werden“. Damit habe Biden „seine Religion verraten“.  DT/ks

Weitere Hintergründe zu den US-Präsidentschaftswahlen lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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