Weder der Status als Museum noch jener als Moschee werde der Hagia Sophia von Istanbul gerecht, meint der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural. In einem Gastkommentar in der linksliberalen Tageszeitung „Der Standard“ schreibt Vural: „Dieses Gotteshaus war zuvor beides: Kirche und Moschee. Es sollte im Sinne eines Zusammenwachsens unserer Kulturkreise, um Ausgrenzung und Konflikte zu vermeiden, eine gemeinsame Nutzung möglich sein.“
Grundsätzlich begrüßt Vural, „dass dieses außergewöhnliche Gotteshaus wieder für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wird: das Gebet“. Er räumt aber ein, dass die Umwidmung „in ein Gotteshaus, das einer Religion gehört, der Geschichte der Hagia Sophia nicht gerecht“ wird.
Gemeinsame Nutzung von Christen und Muslimen?
Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich greift damit – ohne ihn zu nennen – eine Idee auf, die der armenisch-apostolische Patriarch von Konstantinopel, Sahak Masalayan, vor einem Monat äußerte: Das Oberhaupt der größten christlichen Konfession in der Türkei hatte Mitte Juni auf Twitter dafür plädiert, die Hagia Sophia als Gotteshaus für Christen und Muslime zu nutzen. Der im Vorjahr ins Amt gewählte Patriarch, der die rund 70.000 christlichen Armenier in der Türkei repräsentiert, meinte, die Anwesenheit betender Muslime und Christen sei dem Bau, der ein Jahrtausend Kirche und fast ein halbes Jahrtausend Moschee war, angemessener als die Besucherströme von schaulustigen, oft ehrfurchtslosen Touristen. Wörtlich: „Mögen wir auch verschiedenen Religionen angehören, so dienen wir doch dem Einen Gott.“
DT/sba
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