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Der Vatikan soll von China gehackt worden sein

Chinesische Hacker sollen für ihre Cyberattacke ein elektronisches Dokument genutzt haben, dem ein Kondolenzschreiben vom vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin angehängt war.
Hacker und Cyberangriffe
Foto: Sina Schuldt (dpa) | Buchstaben und Zahlen leuchten auf einem Bildschirm auf dem ein Hackerwerkzeug läuft.

Nicht nur katholische Nachrichtenmedien, wie die CNA (Catholic News Agency) und der National Catholic Register, sondern auch die New York Times berichteten über den Spionageversuch. Demnach seien chinesische Hacker während der vergangenen drei Monate in vatikanische Computernetzwerke eingedrungen, um im Vorfeld der im September 2020 anstehenden Neuverhandlungen zu dem 2018 geschlossenen kontroversen Abkommen zwischen dem Vatikan und Peking sensible Informationen zu erhalten.

Der Cyberangriff wurde von der US-Firma „Recorded Future“ in Massachusetts aufgedeckt. Schon früher haben chinesische Hacker und staatliche Behörden durch Cyberattacken versucht, Informationen über buddhistische Tibeter, muslimische Uiguren und außerhalb Chinas ansässige Falun Gong-Anhänger zu sammeln.

Erstmals öffentlich ertappt: Ziel Vatikan

Dies scheint nun, nach Aussage der Cybersicherheitsexperten des Überwachungsunternehmens Recorded Future, das erste Mal zu sein, dass für den chinesischen Staat arbeitende Hacker öffentlich dabei ertappt wurden, wie sie die Computernetzwerke des Vatikan, aber auch der Studienmission des Heiligen Stuhls in Hongkong infiltriert haben. Diese spielte eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen um den Status der katholischen Kirche in China.

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Die Attacken sollen bereits Anfang Mai begonnen haben. Ein Angriff habe sich, so Recorded Future, in einem authentisch aussehenden Schreiben des Vatikan an den Leiter der Studienmission in Hongkong, Msgr. Javier Corona Herrera, verborgen. Doch dies sei eine „raffinierte Täuschung“ gewesen: „Das Schreiben übermittelte eine Botschaft von Kardinal Pietro Parolin, dem vatikanischen Staatssekretär, der den Deal mit China verteidigt hatte“, so die New York Times. In seiner Botschaft habe Kardinal Parolin die Trauer des Papstes über den Tod eines Bischofs zum Ausdruck gebracht. Es sei unklar, ob der Brief gefälscht oder ein echtes Dokument war, das die Angreifer empfangen und dann mit einer Schadsoftware verlinkt hatten, durch die sie Zugang zu den Computern der Kirchenbüros in Hongkong und den Mailservern des Vatikan erhielten.

Recorded Future kam zu dem Ergebnis, dass die Cyberattacke „höchstwahrscheinlich“ mit denVerhandlungen über die Verlängerung der Vereinbarung von 2018 in Verbindung stand. Der Angriff soll, so vermutet die Überwachungsfirma, von einer staatlich geförderten Gruppe in China mit dem Namen „RedDelta“ ausgegangen sein: „Die von dieser Gruppe verwendeten Strategien ähnelten jenen von anderen staatlich geförderten Hackverfahren, die in der Vergangenheit entdeckt worden waren. Doch sie beinhalteten auch neue Techniken und einen neuen Maschinencode – daher gestaltet sich die Identifizierung der wirklichen Herkunft des Angriffs schwierig“.

Die Enthüllungen werden, so mutmaßt die New York Times, „den Vatikan bestimmt verärgern, da sein Verhältnis zu der chinesischen Regierung äußerst heikel ist“, insbesondere in Bezug auf das harte Vorgehen Chinas gegenüber Hongkong.
In einem italienischen Fernseherinterview sagte Erzbischof Claudio Maria Celli, der eine Schlüsselrolle bei der Vereinbarung zwischen dem Vatikan und China spielt, dass der Heilige Stuhl „diesen Schritt fortsetzen und voranschreiten will“. 

Der ausführliche Recorded Future-Bericht über die chinesischen Hackerangriffe ist im Internet öffentlich zugänglich.

 

DT/ks

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