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Der Mythos von der weitverbreiteten Frauenfeindlichkeit

Gängige Klischees über eine allgegenwärtige Frauenfeindlichkeit in der Gesellschaft werden durch jüngste Studien in Frage gestellt.
Frauenprotest
Foto: Ailen Diaz (Agencia Uno) | Frauen sitzen auf einer Fahne mit dem feministischen Symbol

Für viele Feministinnen und Progressive steht fest: Frauenfeindlichkeit ist in den westlichen Ländern so stark verbreitet, dass es keines Zweifels daran bedarf. Doch was ist, wenn die reale Faktenlage eine ganz andere ist? Diese wird noch durch die Tatsache komplexer, dass Männer in vielen Bereichen statistisch schlechter abschneiden. So werden sie beispielsweise häufiger als Frauen von der Polizei festgenommen oder erschossen, werden häufiger Opfer von Gewaltverbrechen und begehen öfter Suizid als Frauen. Auch die Wahrscheinlichkeit, im Job oder im Kampf zu sterben, liegt bei ihnen höher als beim weiblichen Geschlecht. Darüber hinaus haben sie eine niedrigere Lebenserwartung. Die Ergebnisse neuerer und neuester Studien kratzen jedenfalls an dem Narrativ einer allgegenwärtigen Misogynie, wie das online-Nachrichten und Wissenschaftsmagazin Quillette bei einer Durchsicht der aktuellen Studienlage herausgefunden hat.
Das derzeitig verfügbare Datenmaterial aus den Gesellschaftswissenschaften widerspricht dem Klischee und deutet darauf hin, dass „gerade die Beharrlichkeit des Narrativs von der allgegenwärtigen Frauenfeindlichkeit selbst ein Ausdruck des Gegenteils ist: die Gesellschaft ist stark voreingenommen zugunsten von Frauen“, schreibt das online-Magazin.

Vorurteile begünstigen Frauen

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So kommen jüngste Forschungsergebnisse aus der Psychologie zu der Feststellung, dass Vorurteile oftmals Frauen begünstigten. So habe beispielsweise ein soeben im Fachblatt „British Journal of Psychology“ veröffentlichter Aufsatz festgestellt, dass Menschen auf Forschung über Geschlechtsunterschiede in einer Weise reagieren, mit der Frauen favorisiert werden. In zwei Studien wurden die Teilnehmer gebeten, einen populärwissenschaftlichen Artikel zu lesen, der für das Experiment variiert wurde. Es ging in den Texten darum, die Vorstellung zu erwecken, als hätten entweder Männer oder Frauen eine bestimmte wünschenswerte Eigenschaft (zum Beispiel, dass Männer oder Frauen besser zeichnen, oder dass Männer oder Frauen weniger lügen): „Die Teilnehmer bewerteten die frauenbevorzugenden Forschungsergebnisse wohlwollender als die männerbevorzugenden Resultate. So hielten die Teilnehmer die frauenbevorzugende Forschung für wichtiger, glaubhafter und solider durchgeführt, und empfanden die männerbevorzugenden Resultate als beleidigender, schädlicher, verletzender und als grundsätzlich sexistischer. Diese Voreingenommenheit gegenüber Frauen wurde sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Teilnehmern beobachtet“. Eine andere Studie lieferte ähnliche Ergebnisse in Bezug auf gewünschte Intelligenzmerkmale: „Die Teilnehmer bewerteten die Studie als ähnlich überzeugend, wenn das Fazit gezogen wurde, dass Männer und Frauen bei Intelligenztests gleich abschneiden, und wenn Frauen bessere Intelligenztest-Ergebnisse als Männer erreichen. Doch die Teilnehmer hielten die Studie für weniger glaubhaft, wenn diese darauf schließen ließ, dass Männer bei Intelligenztests besser als Frauen abschneiden“.

Generelles Beschützerverhalten

Zudem wurde herausgefunden, „dass Menschen wissenschaftliche Ergebnisse, die zum Nachteil von Frauen gereichen, eher zensieren möchten. In dieser Studie sollten die Teilnehmer eine Reihe von Passagen aus Büchern lesen und entscheiden, ob der Text zensiert werden sollte (beispielsweise, ob er aus der Bibliothek entfernt werden sollte). Eine Textstelle erörterte, ob Männer oder Frauen bessere Führungskräfte seien. Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen das Buch eher zensieren möchten, wenn es meinte, dass Männer bessere Führungskräfte als Frauen seien, als wenn das Gegenteil behauptet wurde“. Diese Pro-Frauen-Einstellung könne möglicherweise erklären, so Quillette weiter, „warum sich Mainstream-Narrative so beharrlich auf die Möglichkeit von frauenfeindlichen Vorurteilen konzentrieren: die Gesellschaft interessiert sich mehr für das Wohlbefinden von Frauen als von Männern und ist damit weniger tolerant in Bezug auf Missverhältnisse, die zu ihrem Nachteil ausfallen“. So fand eine Reihe von Studien etwa heraus, dass sich Menschen eher um eine weibliche Unterrepräsentation im Beruf als um eine männliche sorgten. Eine Erklärung für diese frauenbevorzugenden Vorurteile könnte auch darin liegen, dass „die Menschen möglicherweise ein generelles Beschützerverhalten gegenüber Frauen entwickelt haben. So zeigen tatsächlich zahlreiche Befunde der vergangenen Jahrzehnte, dass Menschen mehr Mitgefühl für weibliches als für männliches Leiden haben“. Menschen seien etwa weniger bereit, einer Frau als einem Mann Leid zuzufügen, und wer Frauen verletzt, werde schwerer bestraft als derjenige, der Männern etwas zuleide tut, und „Frauen werden weniger streng als Männer für die gleichen Verbrechen bestraft“.

 

DT/ks

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