Die klassisch katholischen Länder Europas – Spanien, Italien, Frankreich, Irland – stürzen demographisch ab. Das geht aus den Zahlen der jeweiligen nationalen Statistikämter für 2020 hervor.
Demnach erreicht Italien mit 404.000 Geburten den tiefsten Wert seiner Geschichte, also seit der Einigung 1861. Damals wurden doppelt so viele Kinder geboren obwohl die Bevölkerung mit 26 Millionen Menschen noch nicht einmal die Hälfte der heutigen Bevölkerung (60 Mio) ausmachte. Selbst in den zwei Weltkriegen des vorigen Jahrhunderts erblickten mehr Kinder das Licht einer düsteren Welt als heute. Die Geburtenquote liegt bei 1,1 Kindern pro Frau, in manchen Gebieten und Städten sogar darunter.
Geburtenrate in Spanien auf historischem Tiefstand
Auch in Spanien sank die Geburtenquote auf einen historischen Tiefstand. 2019 betrug sie noch 1,24 Kinder pro Frau, jetzt liegt sie bei einem Kind. Vor 15 Jahren betrug sie noch 1,46 Kinder und der Trend setzt sich in diesem Jahr fort, im Januar wurden nur noch 24.061 Kinder geboren, das sind 23 Prozent weniger als vor einem Jahr.
Ein ähnliches Szenario beobachtet Frankreich, allerdings von einem höheren Niveau aus. Die Quote sank zwischen 2010 und 2020 von 2 auf 1,84 und den stärksten Abfall gab es im vergangenen Jahr. Mit 740.000 Geburten verzeichnete Frankreich den tiefsten Stand seit 1945, das waren fast zwei Prozent weniger als 2019. Damit liegt Frankreich in der EU zwar noch an der Spitze vor Schweden, Rumänien und Irland. Aber die Indizien weisen auf einen weiteren Niedergang hin: Weniger Hochzeiten, Verzögerung der ersten Geburt, sinkender Kinderwunsch.
Pandemie als Beschleuniger des demographischen Niedergangs
Es steht außer Zweifel, dass die Pandemie eine Art Beschleuniger des demographischen Niedergangs ist. Es ist nicht die Hauptursache. Die bleibt die nachhaltig wirkende Säkularisierung und damit einhergehend die wirtschaftliche Situation mit den Aussichten auf Wohlstand und Sicherheit des Arbeitsplatzes. Diese Zusammenhänge werden selten gesehen. Aus einer österreichischen Studie geht hervor, dass der Kinderwunsch bei praktizierenden Christinnen im Schnitt bei 2,5 liegt und sie dann zwei Kinder bekommen, bei Konfessionslosen liegt er dagegen bei 2 und die Geburtenrate dann bei 1,5 Kindern.
Schon Benedikt XVI. hatte als Kardinal Ratzinger in den neunziger Jahren bemerkt, dass sich eine gewisse Müdigkeit des alten Kontinents bemächtigt habe. Diese Unlust am Leben hat mit mangelnder Fähigkeit oder fehlendem Willen zur Transzendenz zu tun. Wer glaubt, lebt anders und hofft anders. Und hat eine andere Lebensperspektive. Das schlägt sich offenbar aber vor allem dann in den Geburtenzahlen nieder, wenn die anderen Parameter des Lebens nicht zu sehr dagegen sprechen.
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