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Belarussisch-polnische Grenzkrise: Neue EU-Strategie gegenüber Lukaschenko notwendig

Mitte August versucht der belarussische Diktator Lukaschenko, Migranten illegal in die EU-Länder zu schleusen. Die polnische Regierung bringt das in ein echtes Dilemma.
Migranten an der polnisch-belarussischen Grenze
Foto: Czarek Sokolowski (AP) | Polnische Beamte halten an der polnisch-belarussischen Grenze in der Nähe des Ortes Usnarz Gorny im Nordwesten Polen Wache.

Es ist ein zynisches Spiel mit Menschen, welches Alexander Lukaschenko an der Grenze seines Landes zu Polen und Litauen spielt – und es ist ein Spiel, das brandgefährlich für ganz Europa werden könnte. Seit Mitte August versucht der belarussische Diktator Migranten, die er als „Touristen“ aus dem Irak einfliegen ließ, illegal in die EU-Länder zu schleusen. Mehr als 2.000 waren es allein im August. Inzwischen befinden sich auch mehr als 30 Afghanen an der belarussisch-polnischen Grenze. Im „Niemandsland“ der Verantwortung, denn weder auf der einen wie auf der anderen Seite sind sie erwünscht. Im Unterschied zu ihren Landsleuten, die legal mit einem direkten Flug von Afghanistan aus nach Polen gekommen sind.

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"Ausnahmezustand" über Grenzregion verhängt

Dabei ist die polnische Regierung in einem echten Dilemma. Dass sie eine Recht hat, ihre Staatsgrenze und damit die EU-Außengrenze zu schützen, versteht sich von selbst. Dass sie es andererseits mit Schutzsuchenden zu tun hat, die man nicht einfach krepieren lassen darf, sollte ebenso klar sein. Doch ist es das auch? Nachdem die polnische Regierung begonnen hat, an der Grenze einen Schutzzaun zu errichten, beabsichtigt sie nun, über die Grenzregion den „Ausnahmezustand“ zu verhängen. Der humanitäre Zugang zu den Migranten würde dadurch extrem erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht werden. Ebenso die objektive Berichterstattung der Medien. Die polnische Opposition reagiert deshalb mit heftiger Kritik.

Inzwischen haben sich auch Vertreter der Kirche in Polen zu Wort gemeldet und an die Grundrechte der Schutzsuchenden erinnert. Vertreter der Regierung sprechen jedoch von einem „hybriden Krieg“, in dem man sich befinde und betonen, dass sie in Abstimmung mit EU-Verantwortlichen agieren. Menschenrechte versus „law and order“?

Als würde dies alles noch nicht genügen, beginnt bald eine russische Militärübung in Nähe der belarussisch-polnischen Grenze. Diese ist schon lange geplant. Angespannte polnische Nerven dürfte Lukaschenko damit aber weiter kitzeln. Es wird Zeit, dass die EU ihre Strategie gegenüber dem Diktator überdenkt. Die vor Monaten eingeleiteten Sanktionen provozieren ihn. Den Preis dafür zahlen unschuldige Menschen und insbesondere die Länder an der Grenze. 

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Stefan Meetschen Alexander Lukaschenko Migranten Polnische Regierungen

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