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Abtreibung als Menschenrecht?

Das Europäische Parlament kritisiert Polen für seine Ausweitung des Lebensschutzes.
Streit zwischen Polen und EU-Parlament
Foto: Michel Christen | Mit scharfen Worten hat das Europäische Parlament das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs verurteilt, mit dem Abtreibungen in Polen eingeschränkt werden.

Mit scharfen Worten hat das Europäische Parlament das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofs verurteilt, mit dem Abtreibungen in Polen eingeschränkt werden. Damit werde „die Gesundheit und das Leben von Frauen aufs Spiel gesetzt“, heißt es in einer Entschließung des Europaparlaments, die am Donnerstag in Brüssel verabschiedet wurde. Die Einschränkungen würden „praktisch einem Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Polen gleichkommen“.

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Recht auf Abtreibung

Obwohl die gesetzliche Regelung von Abtreibungen nicht in die rechtliche Zuständigkeit der Europäischen Union fällt, ist in dem verabschiedeten Text mehrfach von einem „Recht auf Abtreibung“ die Rede, ja sogar von „Menschenrechten“. So meint eine Mehrheit im Europäischen Parlament, „dass mit der Einschränkung des Rechts auf Abtreibung oder ihrem Verbot Abtreibungen keinesfalls abgeschafft, sondern lediglich in den Untergrund verlagert werden, was zu einer größeren Zahl an illegal und unter gefährlichen Bedingungen heimlich durchgeführten Abtreibungen führt“. Die „ungerechtfertigten und unangemessenen Einschränkungen des Zugangs zu Abtreibungen“ würden „gegen den Schutz der angeborenen und unveräußerlichen Würde der Frauen verstoßen“, heißt es in dem Text.

Verklausulierte Forderung der EU

Das Europäische Parlament fordert Polen auf, „keine weiteren Bemühungen zur Einschränkung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der diesbezüglichen Rechte zu unternehmen, da derartige Maßnahmen gegen den Grundsatz der internationalen Menschenrechtsnormen verstoßen“. Die Bereitstellung von medizinischen Leistungen in diesem Bereich und die „Achtung der reproduktiven Autonomie und Entscheidungsfindung von Frauen“ sei entscheidend „für den Schutz der Menschenrechte“.
Kritik übt eine Mehrheit der Europaabgeordneten auch an der Gewissensfreiheit, die es Ärzten und medizinischem Personal ermöglicht, an Abtreibungen nicht mitzuwirken oder Verhütungsmittel nicht zu verschreiben. Tausende polnischer Frauen müssten ins Ausland reisen, „um eine grundlegende ärztliche Leistung wie Abtreibung in Anspruch nehmen zu können“, heißt es in dem Text, der am Donnerstag in Brüssel eine Mehrheit fand. DT/sba
 

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