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Zentralrat der Jesiden: Konsequent gegen IS-Rückkehrer vorgehen

Es sei „völlig unverständlich“, dass die in Deutschland lebenden jesidischen Opfer des IS nicht automatisch als Zeugen vernommen würden, so der Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden, Irfan Ortac. Zudem fordert er, dass Deutschland IS-Täter zurückholen und anklagen müsse.
Prozess gegen ehemalige IS-Kämpfer
Foto: Julian Stratenschulte (dpa Pool) | Es liege in der Verantwortung des Landes, auch Staatsbürger zur Rechenschaft zu ziehen, die im Ausland Straftaten begangen hätten, so Ortac. Im Bild: Ein IS-Rückkehrer im Oberlandesgericht in Celle (Niedersachsen).

Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland (ZED) fordert konsequentere Ermittlungen gegen IS-Rückkehrer. Die Jesiden in Deutschland würden momentan überhaupt nicht in die Aufklärung der Verbrechen des sogenannten „Islamischen Staates“ eingebunden, beklagt der ZED-Vorsitzende Irfan Ortac im Gespräch mit der „Neuen Ruhr Zeitung“. Es sei „völlig unverständlich“, dass die in Deutschland lebenden jesidischen Opfer der Terror-Miliz nicht automatisch angehört und als Zeugen vernommen würden. „Man weiß ja, wer diese Menschen sind und was sie erlitten haben“, so Ortac.

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Angst der Opfer vor Peinigern sehr groß

Die Angst der Opfer vor ihren Peinigern sei sehr groß, so der ZED-Vorsitzende weiter. „Es gibt die individuellen Ängste der Opfer, aber auch eine kollektive Angst der jesidischen Gemeinschaft, dass diese Terroristen ihre Ideologie nicht abgelegt haben, sondern sie hier in Deutschland in die Tat umsetzen wollen.“

„Maßlos enttäuscht“ zeigt sich Ortac davon, dass diejenigen Frauen, die angeklagt werden, relativ häufig nur geringe Strafen erhielten. Das Verhalten weiblicher IS-Mitglieder werde häufig romantisiert, „als seien sie nur vor Ort gewesen, weil sie von Männern dazu verführt worden seien“.  Jesidische Gefangene des IS würden jedoch berichten, dass vor allem die ausländischen IS-Kämpferinnen schlimmer gewesen seien als die Männer.

"Deutschland muss diese Leute
zurückholen und wegen Kriegsverbrechen,
Mord und anderen Straftaten anklagen"
Irfan Ortac, ZED-Vorsitzender

Die Forderung, dass Deutschland gefangen genommene IS-Angehörige zurücknimmt, unterstützt Ortac dennoch. „Deutschland muss diese Leute zurückholen und wegen Kriegsverbrechen, Mord und anderen Straftaten anklagen.“ Es liege in der Verantwortung des Landes, auch Staatsbürger zur Rechenschaft zu ziehen, die im Ausland Straftaten begangen hätten. „Deutschland kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen und so tun, als hätte es mit diesem Krieg nichts zu tun.“

Die Jesiden zählen zu den vom IS am stärksten verfolgten Minderheiten. Zwischen 2014 und 2017 wurden über 5.000 Frauen und Kinder entführt und versklavt, etwa 7.000 Menschen ermordet und mehr als 400.000 aus ihrer Heimat vertrieben.

DT/mlu

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