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Trauer und Entsetzen nach blutigen Weihnachtstagen in Burkina Faso

Staatstrauer nach Anschlägen mit über 130 Toten. Experte: Terroristen wollen islamistische Herrschaft etablieren.
Weihnachtsfeierlichkeiten mit Papst Franziskus
Foto: Alessandra Tarantino (dpa) | Beklagte in seiner traditionellen Weihnachtsansprache die Attentate in Burkina Faso: Papst Franziskus.

Nach den schweren Anschlägen während der Weihnachtstage herrschen in Burkina Faso noch immer Trauer und Entsetzen. Das Land befindet sich im Schockzustand. Am Freitag dauerte die von Burkina Fasos Präsident Roch Marc Christian Kabore angeordnete  48-stündige Staatstrauer weiter an. Bei mehreren Terroranschlägen waren während der Weihnachtstage in Burkina Faso nach offiziellen Angaben mehr als 130 Menschen getötet worden.

Bei einem Doppelanschlag am Dienstag in der Stadt Arbinda und auf einer Militärbasis im Norden des westafrikanischen Landes wurden mindestens 35 Zivilisten, die meisten von ihnen Frauen, getötet. Dies berichten lokale Medien. Darüber hinaus kamen nach Militärangaben sieben Sicherheitskräfte und 80 bewaffnete Kämpfer ums Leben. Bei einem weiteren Angriff auf eine Militärpatrouille wurden in derselben Region am Mittwoch laut Medienberichten erneut mindestens elf Soldaten und mindestens fünf Angreifer getötet. Die Hintergründe der Angriffe waren zunächst unklar. Für frühere Attacken wurden mehrfach Gruppen mit Verbindungen zu Al-Qaida oder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verantwortlich gemacht. 

Papst beklagt Angriffe in Burkina Faso 

Burkina Fasos Präsident Roch Marc Christian Kabore sprach von einem „barbarischen Angriff“. Es handle sich um eine der tödlichsten Attacken in dem westafrikanischen Land der vergangenen fünf Jahre. Nach den Anschlägen waren alle Weihnachtsfeierlichkeiten abgesagt worden. Die Mehrheit der knapp 20 Millionen Einwohner Burkina Fasos sind Muslime, etwa 20 Prozent sind Christen. Die Sahelregion mit Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Tschad und Niger erlebt seit Jahren eine Welle der Gewalt mit Hunderten Toten. 

Papst Franziskus war in seiner Weihnachtsansprache auf die andauernde Konflikte, Entführungen und Angriffe auch in dieser Krisenregionen eingegangen. Er beklagte die Angriffe „radikaler Gruppierungen“ in Burkina Faso und gedachte der Opfer.

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Auch der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit, zeigte sich entsetzt. Die Anschläge zu Weihnachten erinnerten daran, „dass Konflikte und Gewalt für viele Gemeinschaften nach wie vor alltägliche Realität sind“, sagte Tveit. „Wir beten für die Opfer dieser Angriffe und ihre Familien und für alle Menschen in Burkina Faso und in der Sahelregion, dass sie vor solcher Brutalität bewahrt und von der Angst befreit werden.“ 

EU sagt Unterstützung beim Anti-Terror-Kampf zu

Der Washingtoner Professor für Politikwissenschaft und Internationale Angelegenheiten, William Lawrence, sprach nach Medienberichten von dem „schlimmsten Anschlag, an den ich mich in Burkina Faso erinnern kann, seit dem ersten Terrorangriff im Jahr 2015“. Sowohl die Häufigkeit von Angriffen als auch die Zahl der Opfer hätten zuletzt zugenommen. Die Täter hätten die Absicht, in der Region Chaos zu verbreiten und eine islamistische Herrschaft zu etablieren, ähnlich wie es 2012 in Nord-Mali zu beobachten gewesen sei. 

Auch die Europäische Union zeigte besorgt. „Der Sahel muss uns alle mobilisieren“, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Solidaritäts-Erklärung, in der die EU Unterstützung beim Anti-Terror-Kampf in der Sahelzone zusagte. In den Staaten der Sahelzone - einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt - sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv, einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat oder Al-Kaida die Treue geschworen. Vor allem in Mali sowie in den angrenzenden Ländern Burkina Faso und Niger kommt es immer wieder zu Angriffen und Anschlägen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in Burkina Faso seit 2015 mehr als 700 Menschen bei Terrorkämpfen getötet, etwa 560.000 seien aus ihrer Heimat vertrieben worden. Angriffe ereigneten sich zumeist im Norden und Osten des Landes, doch auch die Hauptstadt Ouagadougou war dreimal Ziel von Anschlägen. Mit den jüngsten Anschlägen spitzt sich die Lage weiter zu. 

"Dschihadistischen Gruppierungen können uneingeschränkt agieren"

Dass sich daran bald etwas ändert, halten Beobachter trotz der politischen Solidaritätsbekundungen nach den Anschlägen für eher unwahrscheinlich. Das deutsche Verteidigungsministerium jedenfalls zieht eine düsterte Zwischenbilanz im Kampf gegen islamistische Terroristen in der afrikanischen Sahelregion. „Die regional agierenden dschihadistischen Gruppierungen genießen weitgehende Bewegungsfreiheit und können deshalb, auch unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, uneingeschränkt agieren“, teilte das Verteidigungsministerium auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion mit. 

„Weite, teilweise dünn besiedelte Räume mit geringer oder fehlender Staatlichkeit begünstigen kriminelle und terroristische Netzwerke“, heißt es in dem als Verschlusssache eingestuften Papier, aus dem die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Freitag zitiert. Verantwortlich für die Verschlechterung der Sicherheitslage seien im Wesentlichen die mit Al-Kaida verbündete Organisation JNIM und die Terrorgruppe Islamischer Staat Große Sahara (ISGS), ein Ableger der Terrormiliz IS. Die Terrorgruppen profitierten dabei von regionalen ethnischen Spannungen, die sie für ihre Zwecke instrumentalisierten. 

DT / Mit Material von KNA und dpa 

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