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Rom ist eine Geisterstadt - alle Kirchen geschlossen

Leere Straßen, geschlossene Bars und Restaurants. Für Wochen wird die Corona-Epidemie ganz Italien lähmen. Nun ist den Gläubigen auch der bloße Zutritt zu den römischen Gotteshäusern verwehrt.
Coronavirus  - Rom ist leergefegt
Foto: Andrew Medichini (AP) | Ein Mann geht Teatro Marcello vorbei. Die italienische Regierung hat wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus die Sperrungen und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf das ganze Land ausgeweitet.

Während bislang nur der Petersdom für die Gläubigen verschlossen blieb, hat das Bistum Rom nun entschieden, wegen der Corona-Epidemie alle Kirchen bis zum 3. April zu schließen. Damit ist den Menschen in der italienischen Hauptstadt auch der bloße Zutritt zu den Gotteshäusern verwehrt. Das Bistum veröffentlichte einen entsprechenden Beschluss von Kardinalvikar Angelo De Donatis auf seiner Website. "In diesen Zeiten werden unsere Häuser mehr als sonst zu Hauskirchen“, erklärte De Donatis.

Nach der Anordnung der italienischen Regierung vom Mittwochabend, auch alle Restaurants, Bars und Geschäfte zu schließen, hat sich Rom am Donnerstag endgültig in eine Geisterstadt verwandelt. Nur wenige Menschen gehen noch an dem gesperrten Petersplatz vorbei, Obdachlose und Bettler sind verschwunden, an den in der Nähe gelegenen Taxiständen stehen Schlangen von fahrbereiten Autos, aber niemand steigt mehr ein.

Für Gastronomie und Einzelhandel eine Katastrophe

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Einkaufsstraßen wie die Via Condotti sind leergefegt, wenn sich bisher Römer und Touristen auf der Piazza Navona, der Piazza di Spagna oder am Pantheon drängten, so herrscht dort jetzt gespenstische Stille. Für Gastronomie und Einzelhandel eine Katastrophe. Und für die vielen Angestellten mit zum Teil befristeten Arbeitsverträgen auf Zeit ebenfalls. Die Zahl der Ansteckungen und Intensivbehandlungen geht nach wie vor nach oben. Wann der Ausnahmezustand endet, weiß niemand. Manche Experten gehen davon aus, dass der Scheitelpunkt der Corona-Krise erst nach Mitte April zu erwarten ist. Noch arbeitet man in Italiens Fabriken und Industriebetrieben. Das ganze wirtschaftliche Leben lahmzulegen, das hat sich die Regierung dann doch nicht getraut.

Schlangen vor den Supermärkten

Supermärkte, Banken, Apotheken und Tabakläden dürfen weiter offenbleiben. Vor ihnen stehen zum Teil lange Schlangen. Aus Sicherheitsgründen sollen sich nur wenige Kunden in den Filialen und Verkaufsräumen aufhalten, der Sicherheitsabstand von einem Meter ist jetzt in Italien ein eisern befolgtes Gebot. Wenn ein Kunde den Laden verlässt, darf der nächste eintreten. In die Supermärkte nur mit Plastikhandschuhen, die am Eingang ausliegen. Vier Tage haben gereicht, um die Lebensgewohnheiten der Italiener auf den Kopf zu stellen. Die Bar am Morgen oder das Restaurant und der Pub am Abend, für Wochen ist damit Schluss.

Der Papst lässt für die Regierenden beten

Das kirchliche Leben hat sich inzwischen ganz ins Internet und Fernsehen verlegt. Um zwölf Uhr kann man mit Kardinal Angelo Comastri, dem Erzpriester von Sankt Peter, über den Streaming-Kanal des Vatikans den Angelus mitbeten, oder im katholischen Fernsehen eine Übertragung des Mittagsgebets aus einem Heiligtum folgen. Für nicht wenige Katholiken beginnt der Tag jetzt morgens um sieben Uhr mit der Übertragung der Messe von Franziskus aus Santa Marta. Am Donnerstag bat der Papst in seinen einführenden Worten um das Gebet für die Regierenden. „Wir beten in dieser Zeit der Pandemie weiterhin gemeinsam für die Kranken, für die Familienangehörigen, für die Eltern mit Kindern zu Hause“, aber nicht nur. „Vor allem aber“, so Franziskus weiter, „möchte ich euch bitte, für die Obrigkeiten zu beten: Sie müssen entscheiden, und oft über Maßnahmen entscheiden, die den Menschen nicht gefallen. Aber es ist zu unserem eigenen Wohl. Und oft fühlen sich die Regierenden einsam und unverstanden. Lasst uns für unsere Regierenden beten, die die Entscheidung über diese Maßnahmen treffen müssen: dass sie sich vom Gebet des Volkes begleitet fühlen“.

Orientierungslosigkeit der Gläubigen

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Der Papst hätten an dieser Stelle auch für die Bischöfe beten lassen können. Deren Entscheidung, nun auch in ganz Italien keine Messen mehr feiern zu lassen, hat viele Gläubige bestürzt. Die Bischofskonferenz des Landes hat am Donnerstag eine eigene Homepage zur Corona-Epidemie freigeschaltet, die unter dem Titel „Chi ci separera?“ (Wer kann uns trennen?) Informationen zu Feiern im kleinen Kreis, über entsprechende Gebete und über soziale Dienste enthält. In der Einleitung heißt es dort zu dem Beschluss, im ganzen Land keine Messen mehr feiern zu lassen, dies sei eine Entscheidung, die bei „Pfarrern, Priestern, Religionsgemeinschaften und dem gesamten Volk Gottes Bedauern und Orientierungslosigkeit hervorruft“. Die Bischöfe hätten sie „wegen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit akzeptiert“. Am kommenden Wochenende wird es zum ersten Mal seit Menschengedenken nicht mehr nur in den „roten Zonen“ des Nordens, sondern in ganz Italien keine Vorabendmesse und keinen Sonntagsgottesdienst mehr geben. Besonders glaubenseifrige Priester und Gläubige werden wohl Mittel und Wege suchen, um doch zumindest zu einer stillen Messe zusammenzukommen.

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