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Nigerias Christen leiden

An die 180 Christen sind allein im Februar umgebracht worden. Die westliche Welt nimmt kaum davon Notiz. Der Erzbischof von Kaduna warnt vor einer Gewaltspirale. Von Carl-Heinz Pierk
Timothy Joseph Carroll, Apostolischer Vikar von Kontagora, Erzbischof Robert Zollitsch, und Erzbischof Matthew Man-oso Ndagoso
Foto: Harald Oppitz | Bild: Besuch einer niedergebrannten Kirche am 1. September 2009 in Kaduna. (v.l.n.r.): Timothy Joseph Carroll, Apostolischer Vikar von Kontagora, Erzbischof Robert Zollitsch, und Erzbischof Matthew Man-oso Ndagoso ...

Die Neuseeländer waren immer stolz auf ihre friedliche Nation. Umso mehr hat der brutale Terroranschlag von Christchurch das Land erschüttert. Beileidsbekundungen aus der ganzen Welt treffen ein. Keinen Aufschrei der westlichen Welt dagegen gibt es über den Mord an Christen in Nigeria. Keine Schlagzeilen, keine Sondersendungen im Fernsehen.

Allein im Bundesstaat Kaduna wurden im Februar mindestens 180 Menschen umgebracht. Der katholische Erzbischof in der Provinzhauptstadt Kaduna, Matthew Man-Oso Ndagoso, spricht von einer Gewaltspirale, die vor 25 bis 30 Jahren begonnen habe. Bis heute werde die Mehrheit im Süden Kadunas sind Christen.

Diese Darstellung kritisiert der Erzbischof. Es würden seit Jahren nur die Symptome, nie aber die Ursachen behandelt. „Passiert etwas, dann geht es der Regierung um ein schnelles Löschen. Sogar die internationale Gemeinschaft macht es so. Man bringt Materialien und geht dann wieder, ohne über die Gründe zu sprechen“, das seien Armut, Ungerechtigkeit und Ignoranz. „Ein hungriger Mann wird schnell zum wütenden“, meint der Erzbischof.

Massaker an Christen in Nigeria
Foto: Open Doors (Open Doors Deutschland e.V.) | Bei einem Angriff von Fulani-Viehhirten 2017 wurde das Haus des Dorfältesten Daniel A. zerstört. In letzter Zeit kommt es verstärkt zu Angriffen auf Christen in Nigeria.

Ermordete Christen in Nigeria

Laut der evangelikalen „Christian Post“ (Washington) wurden am Montag vergangener Woche 52 Christen ermordet, zudem wurden dutzende Menschen schwer verletzt und 143 Häuser in den Dörfern von Inkirimi, Dogonnoma und Ungwan Gora zerstört. Bereits am Tag zuvor seien im Dorf Ungwan Barde in Kajuru 17 Christen ermordet worden.

Ende Februar wurden dem Bericht der Internetzeitung zufolge bei einem Angriff in Maro 38 Christen ermordet und eine Kirche niedergebrannt. Nigeria ist nach Angaben des Hilfswerks „Open Doors“ derzeit auf Platz 12 der Länder, in denen es die schlimmsten Christenverfolgungen weltweit gibt.

Christenverfolgung in Nigera findet im Westen keinen Widerhall

Keinen Widerhall in der westlichen Öffentlichkeit fand auch ein Urteil des Gerichtshofs der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS). Darin werden schwere Vorwürfe gegen die nigerianische Regierung erhoben. Der Gerichtshof mit Sitz in Nigerias 

Hauptstadt Abuja, der ursprünglich zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten wirtschaftlicher Natur errichtet wurde, ist seit 2005 auch für Verstöße gegen Menschenrechte zuständig. In dem Urteil entschied das Gericht, dass die Regierung ihre Pflicht zum Schutz der Menschenrechte der Agatu-Gemeinschaft verletzt habe. Die Richter forderten die Regierung dazu auf, künftig für angemessene Sicherheit zu sorgen. Beobachter bezeichneten ein aktuelles Urteil des Gerichts als „bahnbrechend“ und nannten es einen symbolischen Sieg bei der Aufklärung der Gewalt gegen Christen in Zentralnigeria. Die Richter geben der Regierung eine Teilschuld an den wiederholten Gewaltexzessen

und fordern eine offizielle Untersuchung der Geschehnisse vom Februar 2016 in der Region Agatu im Bundesstaat Benue.

Am 21. Februar 2016 hatten überwiegend muslimische Fulani-Nomaden mehrheitlich von christlichen Bauern bewohnte Dörfer in Benue (Nordnigeria) angegriffen. Über die Zahl der Todesopfer herrscht bis heute Unklarheit, weil das Gebiet nach dem Vorfall für Medien und Hilfsorganisationen verschlossen blieb. Zuverlässige Quellen schätzten die Zahl der Toten auf bis zu 500. In den Wochen nach den Angriffen entdeckten Christen eigenen Angaben zufolge mehrere Massengräber mit den sterblichen Überresten ihrer Angehörigen.

Die Vertreterin des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge in Nigeria und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten, Angele Dikongue Atangana, kommentierte bei ihrem Besuch in dem Gebiet, dass die Anschläge in Agatu das Gebiet völlig zerstört hätten. „In meinen 20 Jahren humanitärer Arbeit habe ich noch nie ein solches Ausmaß an Zerstörung gesehen“, sagte sie.

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