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Neue Rekordbeteiligung beim „Marsch für das Leben“ in Berlin

Bischof Stefan Oster betont die unbedingte Schutzwürdigkeit des Lebens aller Menschen und kritisiert die politische Instrumentalisierung des Marsches von links wie von rechts.
Marsch für das Leben mit Rekord-Teilnehmerzahl
Foto: Paul Zinken (dpa) | „Saturday for Life“: Passaus Bischof Stefan Oster nannte es einen „ungeheuerlichen Skandal“, dass „in einem der reichsten Länder der Welt pro Jahr mehr als 100 000 Abtreibungen durchgeführt werden“.

Mehr als 8 000 Menschen – mehr als jemals zuvor – haben nach Angaben des Veranstalters, des Bundesverband Lebensrecht (BVL), am vergangenen Samstag am 15. „Marsch für das Leben“ in Berlin teilgenommen. Bei strahlendem Sonnenschein begrüßte die BVL-Vorsitzende, Alexandra Linder, auf dem „Platz der Republik“ vor dem Reichstagsgebäude Lebensrechtler aus ganz Deutschland zum „Saturday for Life“. Ohne die Weitergabe des Lebens könne es keine Zukunft geben, begründete Linder die Anspielung auf die tags zuvor stattgefundene Demonstration „Fridays for Future“.

„Zivilisation der Liebe“

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Auch andere Redner verbanden den Lebensschutz mit dem Klimaschutz. „Wir hören, lesen und sehen im Fernsehen viel über den Klimaschutz. Und es ist ein wichtiges Thema. Wir wollen das nicht bagatellisieren“, erklärte der ehemalige rechtspolitische Sprecher der CSU-Bundestagsfraktion Norbert Geis. Der Mitinitiator eines Gesetzentwurfs, der 1995 bei der Verabschiedung der Reform des § 218 StGB zum Bedauern vieler Lebensrechtler keine Mehrheit im Parlament fand, erinnerte an die „große Rede“ Papst Benedikts XVI. vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011, in welcher dieser „uns die Sorge um die Schöpfung besonders ans Herz gelegt“ habe. Der Kampf um den Schutz der dem Menschen anvertrauten Schöpfung sei ein großes Anliegen, eines „in dem wir uns von niemandem übertreffen lassen wollen“.

„Aber sind wir eigentlich glaubwürdig, wenn wir die Schöpfung schützen, aber nicht zugleich auch dem Menschen am Anfang seiner Existenz Schutz gewähren?“, fragte Geis. „Wir müssen alles unternehmen, um den Schutz des Menschen von Anfang an zu garantieren. Und wir dürfen uns nicht abhalten lassen, von Menschen, die diesen Schutz nicht gewähren wollen, ja, die ihn sogar bekämpfen.“ Mit Papst Johannes Paul II. bat Geis die Marschteilnehmer, für eine „Zivilisation der Liebe“ einzutreten, die alle Menschen achte, einschließlich derer, die „am Anfang“ und „am Ende des Lebens“ nicht für sich selbst eintreten könnten.

Abtreibung ist die häufigste Todesursache

Passaus Bischof Stefan Oster, der zum ersten Mal an dem „Marsch für das Leben“ teilnahm, nannte es einen „ungeheuerlichen Skandal“, dass „in einem der reichsten Länder der Welt pro Jahr mehr als 100 000 Abtreibungen durchgeführt werden“. Pro Tag würden durchschnittlich „knapp 300 ungeborene Kinder getötet“, das seien zehn zukünftige Schulklassen — am Tag! Eine ungeheure Zahl.“ Auch weltweit sei Abtreibung „die häufigste gewaltsame Todesursache“. So würden nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit jedes Jahr mehr als 50 Millionen ungeborene Kinder abgetrieben. „Es sterben dabei also weltweit jedes Jahr mehr Menschen als in Kriegen, durch Seuchen oder Naturkatastrophen“, so Oster.

Gegen die Instrumentalisierung von links und rechts

Ausdrücklich wandte sich Oster auch gegen eine politische Instrumentalisierung des Marsches „von links und rechts“. „Von linker Seite“ werde gerne betont, dass es keine „sogenannte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ geben dürfe. „Also Vorbehalte gegen Menschen, nur, weil sie zum Beispiel Ausländer sind oder Flüchtlinge oder Behinderte oder Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung.“ Das sei richtig. Alle seien Menschen und besäßen daher die gleiche unveräußerliche Würde. „Und daher möchte ich eher in Richtung der politischen Linken sagen: Die am tödlichsten bedrohte Gruppe von Menschen in unserer Gesellschaft ist heute das ungeborene Kind mit Behinderung“, so Oster.

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Rund 90 Prozent der ungeborenen Kinder, bei denen das Down-Syndrom diagnostiziert werde, würden abgetrieben. „Und ich meine, man kann es drehen und wenden wie man will, ein Pränataltest auf Trisomie 21 als Kassenleistung wird diese Quote noch einmal erhöhen. Wo bleibt der Protest gegen diese furchtbare gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit?“

Umgekehrt wünsche er sich, „dass dieser Marsch auch nicht von der politischen Rechten instrumentalisiert“ werde, bekannte Oster und führte aus: „Das heißt aus meiner Sicht: Wer für den Schutz des Lebens von Anfang bis zum Ende ist, der muss konsequent auch für den Schutz der anderen Marginalisierten sein, zum Beispiel der Armen, der Menschen auf der Flucht, der Menschen, die im Mittelmeer zu ertrinken drohen. Es gibt keine konsequente Einstellung zur Menschenwürde, die die einen Schwachen schützen und die anderen Schwachen weghaben will.“

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost" eine ausführliche Reportage über den diesjährigen Marsch für das Leben".

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