Nein, Papst Franziskus hat in seinen zwei großen Reden in Straßburg keine politische Betriebsanleitung für das vereinte Europa von heute vorgelegt. Aber er hat eine messerscharfe Diagnose vorgenommen und seine Vision für ein Europa von morgen skizziert. Und zwar exakt jene Vision, die auch seine Vorgänger predigten und die einst die (interessanterweise allesamt katholischen) Gründerväter der europäischen Einigung stark inspirierte. Nüchtern wie ein Arzt legte der Papst die Krankheiten des alten Erdteils offen: Europa wirke heute müde, alt, verängstigt und in sich selbst verkrümmt, nicht mehr fruchtbar und lebendig, sondern pessimistisch und verletzt.
Leitartikel: Mit Franziskus Europa erneuern
Von Stephan Baier