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Kritik an Konfuzius-Instituten weitet sich aus

Der Unmut über den langen Arm chinesischer Propaganda wächst. Akademische Freiheit nicht gewährleistet. Erste Uni beendet Zusammenarbeit.
Konfuzius-Institut der Heinrich-Heine-Universität
Foto: Matthias Balk (dpa) | Ein Schild mit der Aufschrift "Sekretariat" auf deutsch und in chinesischen Schriftzeiche an einer Tür des Konfuzius-Instituts der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

Die Kritik an der politischen und ideologischen Unabhängigkeit der von China geförderten Konfuzius-Institute dauert an. Sinologen wie Mareike Ohlberg vom Mercator Institut für China-Studien sehen nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks die Einrichtungen kritisch: „Sie sind als Teil einer Propagandaintiative intiiert worden und haben ein Propagandamandat: nämlich Chinas Image zu verbessern. Nicht alles, was sie machen, ist reine Propaganda, aber man muss berücksichtigen, was im Hintergrund passiert.“

Ländern wie Schweden und Kanada waren dem Bericht zufolge die Aktivitäten der Institute zu intransparent: sie haben sich von ihnen losgesagt. In Belgien wurde dem Leiter des Konfuzius-Instituts in Brüssel wegen Spionage das Visum entzogen. Als erste deutsche Universität hat die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf inzwischen ihren Vertrag mit dem Konfuzius-Institut beendet. Die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin begründete diesen Schritt damit, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die chinesische Staatsdoktrin Einfluss auf die Arbeit des Instituts nehme. 

Cyberattacken und Spionagevorwürfe

Auch der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Markus Rinderspacher meint, dass die akademische Freiheit an den chinesischen Kultureinrichtungen nicht gewährleistet ist. Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk sagte er: „Sie werden dort keine Kurse finden über die Minderheit der Uiguren, Falun Gong, über Tibet, den Dalai Lama, sondern es werden dort verhältnismäßig harmlose Dinge angeboten wie über die Ming Dynastie. Aber was hinter den Kulissen passiert, Cyberattacken, Spionagevorwürfe, das müsste man in den Mittelpunkt der Debatte rücken.“ 

Auf den ersten Blick scheinen die Konfuzius-Institute, über die die „Tagespost“ online wie  in ihrer Printausgabe berichtet hatte, das chinesische Pendant zu den deutschen Goethe-Instituten zu sein. Es gibt allerdings einen gewichtigen Unterschied: Die Goethe-Institute im Ausland sind eigenständige Institutionen. Die Konfuzius-Institute aber sind an ausländische Universitäten angekoppelt. Lassen sich deutsche Hochschulen von der Kommunistischen Partei Chinas instrumentalisieren? 

Peking nimmt Einfluss

Der Bundesregierung ist bekannt, dass der chinesische Staat beziehungsweise die Kommunistische Partei Chinas Einfluss auf Veranstaltungen, Lehrinhalte und -materialien an Konfuzius-Instituten in Deutschland nimmt. Dies erschließe sich bereits aus der engen organisatorischen und finanziellen Anbindung der Institute an staatliche chinesische Institutionen, namentlich an die der Zentralen Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei Chinas unterstellte Kulturorganisation „Hanban“. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP (19/15009), wonach die chinesischen Institute regelmäßig in der Kritik stehen, die Wissenschaftsfreiheit an Hochschulen durch direkte Einflussnahme oder das Ausüben von „Soft Power“ indirekt zu beschneiden.

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Unzulässige Einflussnahme ausländischer Staaten in Deutschland nehme die Bundesregierung sehr ernst und beobachte diese sorgfältig, heißt es weiter. Hierzu schöpfe sie die ihr zu Gebote stehenden Mittel aus. Dies betreffe auch entsprechende Vorgehensweisen des chinesischen Staates. Die Bundesregierung stehe auch zu diesen Themen in engem Kontakt und Austausch mit der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz befasse sich im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit mit einschlägigen Einflussnahme Chinas.

Seit 2004 wurden laut Antwort auf Initiative der chinesischen Regierung weltweit etwa 500 Konfuzius-Institute eröffnet, schreibt die Bundesregierung. Aktuell gibt es den Angaben zufolge 19 Konfuzius-Institute in Deutschland. Die ersten Konfuzius-Institute in Deutschland wurden 2006 an der Freien Universität Berlin und an der Universität Erlangen-Nürnberg gegründet.

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