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Kommentar: Der Schatten der Groko

Die Volkshypnose geht weiter. Diesmal ist es nicht die Kanzlerin, die Volk und Parteien ins politische Koma versetzt, es ist die Nummer eins, der Bundespräsident. Von Jürgen Liminski
Jürgen Liminski
Foto: DT | Jürgen Liminski.

Die Volkshypnose geht weiter. Diesmal ist es nicht die Kanzlerin, die Volk und Parteien ins politische Koma versetzt, es ist die Nummer eins, der Bundespräsident. Er will offenbar keine Neuwahlen und auch keine Minderheitsregierung, er will die Große Koalition und business as usual. Der politische Betrieb soll wie gehabt weitergehen, es gibt noch so viele Verdienstkreuze an gleichgesinnte Klimaretter, Kleriker und Komiker zu verleihen, da wäre eine Auseinandersetzung um den richtigen Weg in die Zukunft nur störend. Weiterwursteln heißt die Parole und die beste Mannschaft dafür bietet die Kanzlerin mit den Genossen auf. Die Union ist nicht das Problem, die macht alles mit. Die Genossen sollen sich im medialen Dunst einer imaginären Instabilität mit verantwortungsvoller Miene zur schweren Last des Regierens durchringen, sich für das Land opfern. Die Schuldigen an einer Neuauflage der Groko sind natürlich auch schon ausgemacht. Da ist dieser freche Lindner, der es gewagt hat, der grünschwarzen Grütze das gelbe Sahnehäubchen zu verweigern. Das hätte so schön gepasst. Man hätte politisch das Klima über Deutschland, weiter den Euro und Griechenland retten, die Glasfaser-Revolution ausrufen und den Familien ein paar Krümel hinschmeißen und all das als Programmatik verkaufen können. Die Wahrheit ist: Es gibt kein Konzept für eine Modernisierung des Landes, das Papier der Jamaika-Sondierungen ist ein Sammelsurium aller möglichen Vorschläge und Wünsche.

Warum Horst Seehofer der Kanzlerin dafür gedankt hat, bleibt so unverständlich und geheimnisvoll wie seine eigenen Zukunftspläne. Er hat Zeit gewonnen und wird versuchen, die CSU-Granden vor dem Parteitag auf seine Seite zu ziehen – um weiterzumachen wie Merkel. Aber er kann nicht so gut hypnotisieren wie sie, es gibt in Bayern auch Alternativen. Und: In elf Monaten wird dort gewählt. Man kann der CSU nur wünschen, dass sie die Kraft aufbringt zu einem personellen Neuanfang. Die CDU ist offenbar noch nicht so weit. Aber in der Abendsonne des Systems Merkel wird der Schatten der Groko länger und sichtbarer.

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