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Im Blickpunkt: Die Sphinx hat zurückgebissen

„In Rom Reformen durchzuführen heißt gleichsam die Sphinx von Ägypten mit einer Zahnbürste zu putzen“, sagte Papst Franziskus. Von Guido Horst
Papst Franziskus geht zu einem Treffen mit Angestellten des Vatikans
Foto: Gregorio Borgia (AP) | Papst Franziskus kommt am 21.12.2017 im Vatikan zu einem Treffen mit Angestellten des Vatikans, das anlässlich von Weihnachten stattfindet. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ |

„In Rom Reformen durchzuführen heißt gleichsam die Sphinx von Ägypten mit einer Zahnbürste zu putzen“, sagte Papst Franziskus und ließ vor den Kurienchefs am Donnerstag eine ausgearbeitete Darlegung über die Aufgaben des Vatikans und seiner Mitarbeiter als petrinisches Diakonat folgen, über den Dienst der Kurie „ad extra“, nach Außen. Aber wieder hat Franziskus ordentlich ausgeteilt (siehe Seiten 17 und 18) – und entsprechend war dann auch das Medienecho. An wen Franziskus da wohl gedacht haben mag ...? An welche Verschwörer? An welche sanft „Entfernten“ und an welche anderen, denen man noch eine Gnadenfrist gewährt?

Das war wie gesagt vorgestern Morgen. Am Abend des gleichen Tags veröffentlichte dann die italienische Zeitschrift „L?Espresso“ die Ergebnisse einer Untersuchung, die der argentinische Bischof Jorge Pedro Casaretto im Auftrag des Papstes in der Diözese Tegucigalpa vorgenommen hat. An der Spitze dieses Bistums in Honduras steht ein Kardinal, der nicht nur ein Vertrauter von Franziskus ist, sondern in Rom auch den Rat der neun Kardinäle koordiniert, die den Papst bei der Reform der Kurie beraten: Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga. Dieser ist Salesianer wie der ehemalige Kardinalsstaatssekretär Tarcisio Bertone. Und laut „L?Espresso“ kam nun ans Tageslicht, dass Maradiaga in ziemlich undurchsichtige Finanzgeschäfte verwickelt ist. Er, der sich gerne als Freund der Armen gibt, soll seit Jahren auf der Gehaltsliste der Katholischen Universität von Tegucigalpa stehen, von der er ein monatliches Salär von 35 000 Euro erhält, im Dezember als Gratifikation auch mal 54 000, insgesamt also fast eine Million, was dem Kardinal die Möglichkeit gab, bei einer Londoner Finanzgesellschaft und anderen Geldinstituten zu investieren, wobei dann aber große Summen verschwunden sind. Geld, das die Armen gut hätten gebrauchen können. Ende Dezember wird Maradiaga 75 Jahre alt, ob ihn Franziskus dann bittet, seine Ämter eine Zeit lang weiterzuführen?

Nun, es war Franziskus, der nicht nur in seiner jüngsten Kurienansprache zu Weihnachten schmutzige Wäsche aus dem Vatikan öffentlich gewaschen hat. Oder versucht hat, sie zu waschen. Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Und es sieht im Fall Maradiaga – einer der Bürsten, mit denen Franziskus die Kurie reinigen wollte – ganz so aus, als habe in diesem Fall die ägyptische Sphinx zugebissen und die Zahnbürste zermalmt, mit der Papst Franziskus die Kurie reinigen und reformieren wollte.

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