Zu den strukturellen Schwächen der Europäischen Union gehört seit jeher, dass die „Staatenkammer“ seiner Gesetzgebung, die „Rat“ genannte Vertretung der 27 Mitgliedstaaten, einen halbjährlich rotierenden Vorsitz hat. Und dies, obwohl seit dem Vertrag von Lissabon ein dauerhafter Ratspräsident zumindest für zweieinhalb Jahre die Treffen der Staats- und Regierungschefs – im Volksmund „EU-Gipfel“ genannt – vorbereitet und moderiert. Jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juni tritt ein EU-Mitglied also den „Ratsvorsitz“ an, startet üblicherweise mit europäischem Aufbruchspathos und endet dann sechs Monate später mit ernüchternder Bilanz. So weit, so schlecht.
Europas vergeudetes Halbjahr
Die Republik Zypern tritt mit übergroßen politischen und ökonomischen Hypotheken an die Spitze der Europäischen Union. Von Stephan Baier