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Enkel Adenauers: "Durchschleppen bis zur nächsten Wahl bringt nichts"

Im Gespräch mit der Tagespost äußert sich Konrad Adenauer, der Enkel des gleichnamigen ersten Kanzlers der Bundesrepublik, kritisch zur derzeitigen Lage der Politik.
Konrad Adenauer
Foto: Johannes Eisele (dpa) | Für seinen Großvater, so Konrad Adenauer, sei Mut eine ganz wichtige Eigenschaft gewesen. „Man muss klar seine Position vertreten."

Nach Ansicht Konrad Adenauers, dem Enkel des gleichnamigen ersten Kanzlers der Bundesrepublik, ist die Politik heute weit entfernt von den Prinzipien seines Großvaters. Es fehle überall der Mut, auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gegenüber ihrer Kanzlerschaft positioniert sich der 75-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich finde sie sollte daran denken, dass auch mein Großvater in der Mitte der Legislaturperiode zurückgetreten ist, um seinem Nachfolger Zeit zur Einarbeitung zu geben." Zwar verstehe er, dass sie und ihre Umgebung befürchteten, dass es dann Neuwahlen geben könnte und gar Rot-Rot-Grün drohe. "Das Durchschleppen bis zur nächsten Wahl bringt aber nichts außer Lähmung."

Mut haben, dem Zeitgeist entgegenzustehen

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Für seinen Großvater, so Adenauer weiter, sei Mut eine ganz wichtige Eigenschaft gewesen. Politiker müssten grundsätzlich den Mut haben, dem Zeitgeist entgegenzustehen. „Man muss klar seine Position vertreten. Und auch wenn man dann dafür keine Mehrheit bekommt, dann ist das eben so.“

Im Gespräch mit der „Tagespost“ geht Adenauer, der als Rechtsanwalt und Notar gearbeitet hat, auch auf den Glauben seines Großvaters und Patenonkels ein. „Der Glaube hatte für ihn eine große Bedeutung.“ Katholisch zu sein, sei für seinen Großvater ganz selbstverständlich gewesen. Adenauer sei „kein Gelehrter, kein Theoretiker“ gewesen. „Er hat einfach danach gelebt. So hat er auch seine Kinder erzogen und die Familie geprägt.“

Familie als wichtige Kraftquelle

Die Familie, so Adenauer, habe für seinen Großvater eine wichtige Kraftquelle dargestellt. „Das hatte auch seine Wirkung nach außen: Es ist ja kein Zufall, dass er auf die Menschen auch als Kanzler wie ein Familienvater wirkte, der sich um sein Land eben wie um seine Familie sorgt.“ Das Väterliche an ihm habe Vertrauen geweckt.

Die Familie sei aber auch der Ort, an dem Werte vermittelt würden. „Das ist heute noch wichtiger als früher“, meint Adenauer. Denn es sei nicht mehr selbstverständlich, „dass etwa die Weitergabe des Glaubens von Generation zu Generation“ reibungslos funktioniere.

DT/mlu

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