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Christliche Menschenrechtsorganisation fordert neue Syrienpolitik

Islamisten müsse die Übernahme von syrischem Territorium verweigert werden, heißt es in einem offenen Brief der christlichen Menschenrechtsorganisation CSI. Angesichts der zunehmenden Verbreitung des Coronavirus im Land drohten den Bürgern zusätzlich Tod und Zerstörung.
Coronavirus - Syrien
Foto: Baderkhan Ahmad (AP) | Gerade im Hinblick auf das Coronavirus, das in diesen Tagen auch Syrien erreicht habe, stellten die Wirtschaftssanktionen eine „Form der kollektiven Bestrafung der Zivilbevölkerung“ dar, heißt es in dem Aufruf.

Eine neue deutsche Syrienpolitik und ein Ende der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen das Land fordert die christliche Menschenrechtsorganisation „Christian Solidarity International“ (CSI). In einem offenen Brief an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) heißt es, das Hauptanliegen müsse sein, dem sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) und anderen islamistischen Gruppierungen die Übernahme von syrischem Territorium zu verweigern.

"Katastrophale Auswirkungen" der Wirtschaftssanktionen

Deutliche Kritik übt der vom Geschäftsführer von CSI-Deutschland, Peter Fuchs, initiierte Appell an einer jüngst veröffentlichten Gemeinsamen Erklärung Großbritanniens, der USA, Frankreichs und Deutschlands, die der syrischen Regierung „erwartungsgemäß sehr kritisch“ gegenüberstehe. Darin übersehe man die „katastrophalen Auswirkungen“ der von den USA und der EU seit neun Jahren verhängten Wirtschaftssanktionen.

Gerade im Hinblick auf das Coronavirus, das in diesen Tagen auch Syrien erreicht habe, stellten die Wirtschaftssanktionen eine „Form der kollektiven Bestrafung der Zivilbevölkerung“ dar, die im Widerspruch zum entsprechenden Verbot der Genfer Konvention stehe. Das vormals gut funktionierende syrische Gesundheitssystem sei durch die Auswirkungen des Krieges und die Sanktionen schwer beschädigt worden. In der derzeitigen Situation würden durch das Coronavirus „zusätzlich Tod und Zerstörung“ drohen.

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Komplexes Netzwerk der Oppositionsgruppen nicht unterschätzen

Zu den Unterzeichner gehören unter anderen der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Younan, der emeritierte Churer Bischöfe Vitus Huonder, der Schauspieler Hannes Jaenicke, der Vorsitzende der Internationalen Gesellschaft Orientalischer Christen, Paulus Kurt, und der Religionswissenschaftler Hans-Otto Seitschek.

In dem Aufruf warnen die Unterstützer auch davor, „das komplexe Netzwerk bewaffneter Oppositionsgruppen“ zu unterschätzen. Einige von ihnen verfolgten dieselbe extremistische Politik wie der IS und andere islamistische Terrormilizen. Entführungen in sexuelle Sklaverei, religiöse Verfolgung und Folter gehörten zu deren Vorgehensweise. Alle Gebiete, die von den verschiedenen vom Westen unterstützten islamistischen Rebellenarmeen kontrolliert würden, seien zudem von religiösen Minderheiten gesäubert worden. In dem vom syrischen Staat kontrollierten Territorium hingegen herrsche weiter religiöser Pluralismus.

Eine der schlimmsten humanitären Katatstrophen unserer Zeit

Zwar könnten Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung nicht gebilligt werden, heißt es weiter. „Dennoch dürfen diese uns nicht blind machen für das menschliche Elend, das verursacht wird durch die Politik diverser Mächte, die einen Regimewechsel herbeiführen wollen.“ Es sei inzwischen überdeutlich, dass die verschiedenen Zwangsmaßnahmen, einschließlich verdeckter Aktionen, in Syrien keinen Übergang zu einer Demokratie hätten herbeiführen können. Vielmehr hätten sie „zu einer der schlimmsten humanitären Katastrophen unserer Zeit“.

Werde die aktuelle Politik aber fortgesetzt, würden dadurch ausschließlich islamistische Extremisten gestärkt, das Leid der syrischen Bevölkerung verlängert und die Stabilität des gesamten Nahen Ostens geschwächt. Dadurch würden auch neue Wellen unkontrollierter Flüchtlingsströme nach Deutschland drohen.

DT/mlu

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