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Christen im Sudan: Es kann nur besser werden

Der Sudan stand jahrelang auf dem letzten Platz der Rangliste der Religionsfreiheit. Nun hoffen den Christen auf Verbesserung.
Sudan: Christen hoffen auf Verbesserungen
Foto: Saudi Press Agency / Handout (SAUDI PRESS AGENCY) | Mohammed al-Bashir (l.) sicherte mithilfe der Muslime seine Macht und pflegte die Kontakte in den arabischen Raum. Hier spricht er mit dem damaligen Kronprinzen von Saudi-Arabien, Mohammed bin Nayef, 2015 in Riad.

Erst ging es den Christen im Sudan schlecht, dann ging es ihnen noch schlechter. Als 1989 Omar al-Bashir, er wird heute vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag gesucht, die Macht im Sudan durch einen Militärputsch errang, ging es den Christen schlecht. Noch schlechter ging es den Christen seit dem Jahre 2011, als sich der vorwiegend christliche Süden des Landes nach 30 Jahren Bürgerkrieg abspaltete, und man dafür die im Sudan verbliebenen Christen verantwortlich machte. Die unter der Herrschaft von Präsident Omar al-Bashir unterdrückten Christen im Sudan hoffen, dass der jetzt eingeleitete politische Übergang den Beginn einer neuen Ära größerer Religionsfreiheit markiert.

Letzter Platz auf Rangliste zur Religionsfreiheit

Der Sudan belegt in der internationalen Rangliste der päpstlichen Stiftung der Kirche in Not (ACN) in Bezug auf Religionsfreiheit den letzten Platz. Nach Angaben der Behörden stellen Christen nur drei Prozent der 40 Millionen Sudanesen, eine Zahl, die von den Christen selbst, die sie für höher halten, bestritten wird. Schon in vorislamischen Zeiten gab es im Sudan, das von den zwei urchristlichen Ländern Ägypten und Äthiopien begrenzt wird, christliche Königreiche.

Zur christlichen Minderheit gehören heute Kopten, Katholiken, Anglikaner und andere Konfessionen, von denen viele unter dem alten Regime in den Untergrund gedrängt wurden. Ausländische Wohltätigkeitsorganisationen, die sudanesischen Christen halfen, wurden ebenfalls ausgewiesen, vor allem nach der Abspaltung des größtenteils christlichen Südens, nach einem dreißigjährigen Bürgerkrieg. Präsident al-Bashir hatte den Islam instrumentalisiert, um seine Macht mit Hilfe der Scharia zu zementieren. Dennoch war er im April dieses Jahres von der Armee unter dem Druck einer neuen zivilen Protestbewegung, die sich anhand der wirtschaftlichen Misere entzündet hatte, abgesetzt worden. Danach wandten sich die Proteste gegen den selbsternannten militärischen Übergangsrat, der das Land interimistisch regieren wollte. Anfang Juni starben hundert Menschen, als Militärs einen Sitzstreik von Demonstranten auflösten, viele weitere wurden verletzt. Doch die Proteste verstummten nicht, bis Zivilisten und Militär einen Kompromiss aushandelten.

In der neuen Regierung sitzt eine Christin

Eine neue Regierung mit ziviler Mehrheit wurde jetzt unter einem Abkommen zwischen der Opposition und den Generälen vereidigt. Am 21. August wurde eine Übergangsorganisation aus Zivilisten und Soldaten eingerichtet. Ein ermutigendes Zeichen war die Aufnahme einer Christin in den elf-köpfigen zivil-militärischen Souveränen Rat. Der Souveräne Rat ersetzt für die Übergangszeit das Präsidentenamt, zwei Frauen gehören ihm an, sie sind damit die ersten Sudanesinnen im höchsten Amt des Landes. Die Richterin Raja Nicolas Abdel Massih ist die erste Christin, die seit der Unabhängigkeit des Sudan im Jahre 1956 eine Regierungsverantwortung übernommen hat. Sie leistete ihren Schwur auf eine Bibel, dies in einem Staat, der seine geschichtliche Legitimierung auf den islamistischen Mahdi-Aufstand von 1881 zurückführt, als ein selbsternannter islamischer Messias die ägyptisch-osmanischen Kolonialherren vertrieben hatte. Die Nominierung einer koptischen Christin für das höchste Gremium, dem neben ihr fünf Militärs und fünf Zivilisten angehören, hat viele Christen hoffen lassen, dass jetzt endlich die religiöse Freiheit und Vielfalt des Landes respektiert wird. Die Aufgabe des Gremiums ist die Überwachung des Übergangsprozesses, der auf drei Jahre festgelegt wurde. Auffallend viele Frauen und Christen beteiligten sich an den Protesten seit Januar, die die Regierung zum Sturz brachten.

Im Mai erstmals Proteste von Christen in der Hauptstadt

Im Mai fanden erstmals in der Hauptstadt Khartoum Proteste von Christen statt, die Gleichberechtigung forderten, was zu al-Bashirs Zeiten, als Festnahmen und Geldstrafen üblich waren, unvorstellbar gewesen wäre. Die Christen waren besorgt, als der Übergangs-Militärrat im Mai 2019 ankündigte, dass das Scharia-Gesetz von 1983 fortgesetzt würde, da eine harte Interpretation der Scharia oft als Willkür benutzt wurde, um Christen zu verfolgen.

Die neue Verfassung zur Gestaltung des Übergangs erkennt den Islam nicht mehr als ein bestimmendes Merkmal des Staates an. Jetzt sind die Christen vorsichtig optimistisch, dass der Regierungsrat die Religionsfreiheit für Minderheiten aufrechterhalten könnte, wie es allerdings auch die vorläufige Verfassung von 2005 getan hatte.

Das Land ist immer noch von Aufständen und Konflikten in mehreren Regionen zerrissen, in denen nichtarabische oder nichtmuslimische Minderheiten leben. Die Anwesenheit von Generälen im Souveränen Rat, die mit al-Bashirs Segen zu ihren Posten gekommen waren, hatte die weit verbreitete Sorge geweckt, dass die demokratische Revolution im Sudan nur von kurzer Dauer sein könnte.

Araber dominierten das Regime

Ähnlich war es bereits beim Arabischen Frühling in den Nachbarländern, wo tatsächliche Verbesserungen schließlich nicht deutlich erkennbar waren.

Das arabisch-islamistische Zwangsregime hatte nicht nur die zumeist schwarzafrikanischen Christen unterdrückt, sogar die schwarzafrikanische islamische Bevölkerung der Region Darfur stand seit Jahrzehnten unter dem Druck der berüchtigten arabischen Reitermilizen Dschandschawid, die von al-Bashir unterstützt wurden. Deshalb sehen auch die vor dem Völkermord aus der Region Darfur geflohenen Menschen das Abkommen ebenfalls mit großem Vorbehalt und Skepsis.

Für ihre mutmaßliche Rolle bei den Gewalttaten erließ der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag zwischen 2009 und 2010 gegen al-Bashir und andere hochrangige Mitglieder des Regimes Haftbefehl wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ausgeliefert wurden er und seine Komplizen bis heute nicht. Er soll im eigenen Land den Prozess gemacht bekommen.

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