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75 Jahr nach Auschwitz: Judenretter unter Lebensgefahr

Helmut Moll gibt das Martyrologium des 20. Jahrhunderts heraus. Er ist beeindruckt von Katholiken, die Juden geholfen haben.
Helden des Holocaust
Foto: Robert Michael (ZB) | 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz: Die Tagespost blickt darauf, wie Katholiken und Juden geholfen haben.

Herr Prälat Moll, in dem von Ihnen herausgegebenen Martyrologium führen Sie 25 deutsche Katholiken an, die Juden unter Lebensgefahr geholfen haben. Beeindruckende Zeugnisse ohne Frage. Aber warum waren es nicht mehr? Oder ist das eine unhistorische Frage?

Nach den heutigen Forschungen haben viel mehr Katholiken Juden geholfen, als wir es bislang wussten. Diese Vorbilder dürfen nicht allein zahlenmäßig betrachtet werden. Einige herausragende Beispiele sind im von der Deutschen Bischofskonferenz von mir herausgegebenen Martyrologium des 20. Jahrhunderts biografisch vorgestellt worden. Sie kamen aus allen sozialen Schichten, aus allen Altersgruppen, Männer und Frauen, Priester und Laien. Aber es gab natürlich viel mehr katholische Judenretter und Judenhelfer. Der Kölner Prälat Gustav Meinertz hatte beispielsweise den Mut, im Jahre 1938 aus einer brennenden Synagoge die Thorarollen zu sichern, um sie nach dem Zweiten Weltkrieg der Synagogengemeinde zurückzubringen. Man muss darüber hinaus diejenigen benennen, die Juden Wohnung, Arbeit oder Lebensmittel aus Eigennutz gaben. Auch so etwas gab es.

"Wir haben aus allen Teilen Deutschlands
vorbildliche katholische Christen,
die Juden geholfen und deswegen ihr Leben verloren haben"

Welches Zeugnis hat Sie besonders beeindruckt?

Zweifelsohne die Zivilcourage des seligen Berliner Dompropstes Bernhard Lichtenberg. Er hat in der Berliner Hedwigskathedrale öffentlich für die bedrängten und verfolgten Juden täglich gebetet; als zwei Jugendliche dies hörten, zeigten sie ihn an, woraufhin er verhaftet wurde. Ich denke aber auch an die Fürsorgerin Lieselott Neumark, die im Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin beschäftigt war. Sie hat bei ihrer Tätigkeit viele "Nichtarier" gerettet. Wir haben aus allen Teilen Deutschlands vorbildliche katholische Christen, die Juden geholfen und deswegen ihr Leben verloren haben. Die Lektüre des deutschen Martyrologiums wird vielen die Augen öffnen.

Sie sprachen eingangs davon, dass die selbstlosen Beispiele erst nach und nach ans Licht kamen. Warum?

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Überlebenden andere Sorgen, sie mussten ihre zerstörten Häuser aufbauen, ihren Familien einen Lebensunterhalt schaffen. Der spätere Kölner Kardinal Joseph Höffner etwa hat auf die Frage, warum er nicht mehr über seine Hilfe für das jüdische Mädchen Sarah berichtete, deutlich gemacht: Aber das war doch selbstverständlich. Solche Beispiele gab es öfter. Aus heutiger Perspektive scheinen es uns dann doch viel zu wenige gewesen zu sein. Sie müssen aber sehen, dass Juden zu helfen in einer totalitären Diktatur wie der des Nationalsozialismus oft genug nur unter Lebensgefahr möglich war. Das hat einige wenige nicht abgehalten, das Risiko einzugehen.

"Angesichts des Antisemitismus wuchs freilich
auch das Bewusstsein für die theologische
Verbindung des Alten Testamentes mit dem Neuen"

War das Gewissen der Katholiken vielleicht auch geschwächt durch den traditionellen katholischen Antijudaismus?

Wir müssen den Antijudaismus und den rassistischen Antisemitismus unterscheiden. Vorurteile mussten überwunden werden. Angesichts des Antisemitismus wuchs freilich auch das Bewusstsein für die theologische Verbindung des Alten Testamentes mit dem Neuen. Papst Pius XI. hat gegenüber belgischen Pilgern betont: Geistlich sind wir alle Semiten. In seiner Enzyklika "Mit brennender Sorge" (14. März 1937) heißt es: "Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat   aus ihrer irdischen Wertskala herauslöst und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge." Das Zweite Vatikanischen Konzil formulierte schließlich in seiner Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen "Nostra aetate": "Das Volk des Neuen Bundes ist mit dem Stamme Abrahams geistlich verbunden." "Die Juden darf man nicht als von Gott verworfen oder verflicht darstellen" (Nr. 4). Mein akademischer Lehrer Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., hat immer wieder deutlich gemacht, dass das jüdisch-christliche Verhältnis in der Geschichte der Kirche nicht ohne Ambivalenz war. Aber es muss klar sein, wie es der Völkerapostel Paulus im Römerbrief treffend formuliert: "Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich" (Röm 11,18).

Warum haben die deutschen Bischöfe sich nicht vernehmbarer vor die Juden gestellt?

Hier muss man differenzieren. Nehmen Sie das Beispiel des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen. Nachdem in der Reichspogromnacht 1938 die Synagoge zu Münster in Brand gesetzt worden war, ging er anderntags zum Oberrabbiner und betonte, dass er sich mit den Juden solidarisieren und öffentlich protestieren wolle. Der Oberrabbiner bat daraufhin um einen Tag Bedenkzeit. Hernach bat er den "Löwen von Münster", von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Er, der Jude, befürchtete, dass ein öffentlicher Protest der katholischen Kirchen den ohnehin schon diskriminierten Juden in Deutschland noch mehr schaden würde, weil er das Regime noch stärker gegen sie aufbringen würde. Galen gab nach und folgte der Bitte. Es gab eine Reihe von Bischöfen, die sich eingesetzt haben oder einsetzen wollten. Nehmen Sie auch Kardinal Konrad Graf von Preysing aus Berlin oder den Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll. Diese waren sicher die stärksten Gegner im Episkopat gegen den Nationalsozialismus. Der Hirtenbrief des deutschen Episkopats über den Dekalog vom 12. September 1943 stärkte zudem die Bande mit dem Alten Testament und damit mit dem Judentum: "Tötung ist in sich schlecht  an Menschen fremder Rasse und Abstammung." Allgemein galt: Jeder Angriff auf die Ideologie des Nationalsozialismus musste die Folgen bedenken.

"Die Bischöfe haben aus der Überzeugung,
dass das Alte Testament nicht vom Neuen Testament
getrennt werden darf, versucht,
die Gemeinsamkeiten mit dem Judentum herauszustellen"

Hatten die Bischöfe insgesamt nicht zu sehr den Schutz der Kirche im Blick und betrachteten die Judenverfolgung als zweitrangig?

Das ist ein klassisches Argument der Gegner. Ich sehe das differenzierter und in Teilen anders. Die Bischöfe haben aus der Überzeugung, dass das Alte Testament nicht vom Neuen Testament getrennt werden darf, versucht, die Gemeinsamkeiten mit dem Judentum herauszustellen. Denken Sie da besonders an den Münchner Kardinal Michael von Faulhaber und seine berühmten Adventspredigten. Sie haben also die Verbindung zur jüdischen Wurzel nicht gekappt, auch wenn es das Leben mit dem Regime leichter gemacht hätte. Und vor dem Machtantritt Adolf Hitlers haben die Bischöfe den Antisemitismus ja öffentlich deutlich verurteilt.

(UN-)VERGESSENE RETTER

Ein Blick auf bekannte und weniger bekannte Judenretter.

 

Andreas Girkens: Der Judenfreund

Der 1883 geborene praktizierende Katholik und erfolgreiche Bäcker Andreas Girkens war schon vor 1933 in seiner Heimat Mechernich sowie in Euskirchen als "großer Judenfreund" bekannt. Er gehörte zu denen, die aus ihrem Glauben heraus die nationalsozialistische Weltanschauung schon vor 1933 zutiefst ablehnten. Auch nach 1933 stand er zu seiner Freundschaft mit seinem jüdischen Nachbarn und Arzt Dr. Robert David und dessen Familie, versorgte diese mit Lebensmitteln und bot ihnen ein Gartenhäuschen als Versteck an. Zwei Tage nach der Reichspogromnacht (9.11.1938) verwüstete die SA seine Wohn- und Geschäftsräume. Sie schlugen und traten ihn krankenhausreif und auch seine Tochter wurde verletzt. Als Girkens Strafanzeige stellte, ließen die Drangsalierungen nicht nach. Erst unter dem Vorwand, feindliche Radiosender zu hören, wurde Girkens am 3. September 1944 verhaftet und erst nach Aachen und später nach Köln gebracht. Im KZ Buchenwald schließlich stab Girkens nach schwerer Folter am 3.10.1944. MF

Giorgio Perlasca

Giorgio Perlasca
Foto: IN

Er wollte eigentlich nur ein "anständiger Faschist" in Mussolinis Italien sein und kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg für Francisco Franco. "Letzten Endes bestand meine größte Heldentat doch nur darin, dass ich Lügengeschichten erzählte", blickte der 1992 im Alter von 82 Jahren in Padua gestorbene ehemalige Viehhändler zurück auf seine Rettung von 5200 Juden. 1942 floh er vor dem deutschen Einfluss auf Italien nach Budapest. Die dortige spanische Botschaft stellte zu dieser Zeit über 3000 Schutzbriefe an Juden aus, die eine Verbindung zu Spanien hatten und errichteten für sie geschützte Häuser   jedoch verließ 1944 der spanische Botschafter Ungarn. In dieser Situation gab sich Giorgio Perlasca als neuer Vertreter Spaniens in Budapest aus. Er unterschrieb Briefe des diplomatischen Korps, die das Ende der antijüdischen Verfolgungen forderten. Er führte den Vorsitz bei den Verhandlungen mit den Behörden der antisemitischen Kollaborationsregierung und ging selbst in deren Folterkammern und Gefängnisse, um Juden zu befreien. TMS

Heinrich und Maria List

Heinrich und Maria List
Foto: Yad Vashem

"Weil wir uns gut kannten und ein gutes Arbeitsverhältnis hatten, packte mich das Mitleid." Mit diesen Worten bekannte sich Heinrich List 1942 schuldig. Als im November des vorhergegangenen Jahres Ferdinand Strauß an der Tür des Bauernhauses der Familie List in dem Dorf Ernsbach klopfte, war Heinrich List gerade auf dem Feld. Seine Frau Maria zögerte jedoch nicht und nahm den Schutzsuchenden, der sich vor den gerade begonnenen Deportationen der Juden fürchtete, auf in das Haus. Ein polnischer Landarbeiter, mit dem Heinrich List in Streit geriet, denunzierte ihn dann jedoch im März 1942. Ferdinand Strauß konnte noch fliehen, bevor die Polizei auf den Bauernhof kam. Er gelangte über die Grenze in die Schweiz. Heinrich List hingegen kam ins Konzentrationslager Dachau. Am 10. Oktober desselben Jahres erhielt seine Frau ein Schreiben des Lagerkommandanten, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Mann fünf Tage zuvor an einer Infektion im Unterschenkel gestorben und eingeäschert worden war. TMS

Jozef and Wiktoria Ulma

Józef und Wiktoria Ulma.
Foto: Yad Vashem

Im Sommer des Jahres 1942 wurden in dem kleinen polnischen Dorf Markowa die dort wohnenden Juden aus ihren Häusern getrieben, erschossen und auf einem ehemaligen Tierfriedhof verscharrt. Einige konnten kurz zuvor noch ins Umland fliehen. Unter ihnen war auch die jüdische Familie Szall. Eines Herbstmorgens standen sie in ihrer Verzweiflung auf dem Bauernhof von J zef und Wiktoria Ulma und baten darum, sich bei ihnen verstecken zu dürfen. In der Nacht vom 23. auf den 24. März 1944 wurden sie dort von Beamten der deutschen Sicherheitspolizei entdeckt und erschossen. An der Familie Ulma wurde ein Exempel statuiert: Wiktoria Ulma, im neunten Monat schwanger, wurde ebenso wie ihr Ehemann vor den Augen ihrer sechs Kinder erschossen, bevor diese ebenso ermordet wurden. Aus Angst töteten einige der polnischen Bauern vor Ort noch in derselben Nacht Juden, die sie zuvor 20 Monate lang versteckt hatten. Einige aber, wie zum Beispiel Familie Wiglusz, beschützten die bei ihnen versteckten Juden weiterhin. TMS

Agnes Walsh

1896 im Norden Englands geboren, trat Clare Walsh 1916 in den Orden der Töchter der christlichen Liebe ein. Als Vinzentinerin-Schwester Agnes wirkte sie zuerst in Irland und dann in Palästina, bevor sie aufgrund eines Sturzes zur Erholung in die französische Abtei Cadouin gesendet wurde. Durch die deutsche Besetzung Frankreichs geriet sie dort als Engländerin und somit feindliche Ausländerin selbst in Gefahr und gab sich als Irin aus. Als der französische Jude Pierre Cr mieux mit seiner Frau und drei Kindern am Tor der Abtei Schutz ersuchte, versuchte die Äbtin Schwester Granier sie in einem Haus im nahegelegenen Dorf unterzubringen. Die Dorfbewohner waren jedoch nicht bereit, die Strafen zu riskieren, die denjenigen auferlegt wurden, die während der Besatzung Juden beherbergten oder ihnen halfen. Schwester Agnes überredete daraufhin die Äbtissin, die Familie im Kloster selbst zu beherbergen, wo ihnen die Ordensschwestern bis zum Ende der Besatzung eine sichere und ruhige Zuflucht gewährleisteten. TMS

Bronislovas und Juozas Paukstys

Bronislovas Paukstys.
Foto: Yad Vashem

"Das bloße Erscheinen eines Mannes wie Bronius Paukstys weckte in unseren Herzen die Hoffnung, dass nicht alles verloren war, dass nicht alle Menschen zu Raubtieren oder Feiglingen geworden waren", sagte Pnina Troy, die ihr Leben dem Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche im litauischen Kaunas zu verdanken hat. Als ein jüdisches Ghetto in der Stadt errichtet wurde, forderte er seine Gemeindemitglieder auf, den jüdischen Mitbürgern so viel wie möglich zu helfen. Unterstützt von seinem tiefgläubigen Bruder, dem Professor für Landwirtschaft Juozas Pauk tys, half er Juden bei der Flucht aus dem Ghetto, versteckte sie in seinem Pfarrhaus oder fand einen anderen Unterschlupf für sie. Einer der Überlebenden berichtet, dass er für seine Taten von seinen Oberen gerügt wurde und vor den Auswirkungen auf die Kirche gewarnt wurde, falls seine Aktivitäten entdeckt würden. Nachdem ihn die Gestapo verhört hatte, floh er selbst und versteckte sich mit von ihm geretteten Juden in einem nahegelegenen Dorf bis zum Ende des Krieges. TMS

Pavol Peter Gojdic

Pavol Peter Gojdic.
Foto: Yad Vashem

In den Jahren 1939 bis 1945 war der katholische Priester Jozef Tiso Staatspräsident des mit NS-Deutschland kollaborierenden Staates Slowakei. Als er am 25. Januar 1939 eine Sonderkommission einsetzte, um einen "Plan zur Lösung der Judenfrage" auszuarbeiten, stellte sich ihm der griechisch-katholische Administrator des Bistums Pre ov entgegen. In einem öffentlichen Brief erinnerte er seine Gläubigen an die Grundprinzipien ihres Glaubens   dass jeder Mensch in den Augen Gottes gleich ist   und warnte vor den Folgen der nationalsozialistischen Ideologie und des Rassismus. Ihm stellten sich daraufhin weite Teile des slowakischen Klerus entgegen und forderten seinen Rücktritt. Im Vatikan wurde seiner Bitte um Rücktritt vom Amt des apostolischen Administrators entsprochen, doch er wurde zugleich zum Bischof des Bistums ernannt. Gegen die antisemitische Politik des slowakischen Staates führte er Massentaufen von Juden durch, um sie vor Deportationen zu schützen. Er tat dies in dem Wissen, dass es sich nur um Scheinübertritte zum Christentum handelte.   TMS

Margarete Sommer: Der Schutzengel

Margarete Sommer (1893 1965) wurde 2003 von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem wegen ihrer Verdienste um die Rettung von Juden als "Gerechte unter den Völkern" ausgezeichnet. Die promovierte Volkswirtschafterin wirkte als Dozentin am Fürsorge-Seminar des Pestalozzi-Fröbel-Hauses, wurde aber bald entlassen, weil sie die Rassenideologie nicht lehrte. Seit 1939 arbeitete sie beim "Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin" und half "nichtarischen Christen" bei der Emigration aus Deutschland. Tatsächlich aber wurden vor allem zahlreiche Juden vor der Deportation und vor dem sicheren Tod gerettet. Als der Dompropst Bernhard Lichtenberg von den Nazis inhaftiert worden war, übernahm sie die Leitung des "Hilfswerks". Sommer versteckte Juden in katholischen Kindergärten, im Heizungskeller der Herz Jesu Kirche am Prenzlauer Berg und in ihrer eigenen Wohnung in Kleinmachnow. Nicht nur für die Holocaust-Überlebende Sonja Goldtwerth war Margarete Sommer "der Schutzengel schlechthin".  MF

Heinrich Aschoff: Retter in der Nacht

Heinrich Aschoff (1893 1958) war ein deutscher Großbauer im Kreis Coesfeld (Münsterland) und wurde 1965 wegen der Rettung von Juden von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet. Der Spielfilm "Unter Bauern   Retter in der Nacht" von 2009 erzählt sein Leben. Aschoff war streng katholisch; einer seiner Brüder war Priester geworden. Er selbst kam verwundet aus dem Ersten Weltkrieg zurück und hatte acht Kinder. Neben dem Personal lebten und arbeiteten auf seinem Hof im Zweiten Weltkrieg auch osteuropäische Zwangsarbeiter. Darüber hinaus versteckte er von 1943 bis zum Kriegsende eine Jüdin mit ihrer Tochter. Beide überlebten vor allem deswegen, weil aus Angst vor einer Entdeckung durch die Nazis weitere benachbarte Bauern beherzt den beiden zeitweise ebenfalls ein Versteck zur Verfügung stellten; namentlich waren es Hubert Pentrop, Bernhard Südfeld, Heinrich Silkenböhmer und Bernhard Sickmann. Aschoff steht für viele Bauern, die Juden versteckten. MF

Lena Hesseler und Maria Höffner: Eine Familie nimmt das Risiko auf sich

Der Pfarrer des Trierer Erzbistums und spätere Kölner Erzbischof und Kardinal Joseph Höffner hatte 1943 seine Schwester Helene Hessler gebeten, Dr. Edith Nowak, eine Berliner Jüdin, mit ihrem nichtjüdischen Mann im Elternhaus in Horhausen im Westerwald aufzunehmen und zu verstecken. Sechs Monate blieben die Eheleute bei der Schwester, bevor sie dann weitervermittelt wurden, um dem Zugriff der Gestapo zu entgehen. Auf Vermittlung von Pfarrer Höffner hatte schon 1942 seine Schwester Maria Höffner ein achtjähriges jüdisches Mädchen versteckt. Maria war zu dieser Zeit Pfarrhaushälterin ihres Bruders, in Kail an der Mosel (Erzbistum Trier). Erst als der spätere Kardinal 1943 nach Trier versetzt wurde, vermittelte Maria das Kind an die Familie Heucher in Kail. Dort überlebte das Kind unter dem Decknamen Krista Koch den Krieg. Ihre Mutter überlebte in Berlin den Holocaust; beide immigrierten in die USA. Krista, jetzt Lisa, war 2007 nach Köln zur Gedenkfeier zum 100. Geburtstag des Kardinals gekommen. MF

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